Neapel

 Ausflüge nach Pompeji und Ercolano

 Altstadtflair und Ruinenstädte

Neapel / Vesuv

Verlängertes Wochenende im November 2004

Samstag, 20.11.2004 Neapel

Der Wunsch nach etwas Abwechslung an den trüben Novembertagen und ein unglaublich günstiges Flugangebot von Easyjet (je Flug -,99 EUR/Person zzgl. Steuern und Gebühren) führt uns nach Neapel. Der einzige Nachteil: der Flug geht bereits um 7:05 h ab Berlin Schönefeld – Tegel oder Tempelhof wären für uns besser gewesen. Im Schneeregen fahren wir durch die noch dunkle Stadt. Die Flugabfertigung geht absolut reibungslos und schnell vonstatten. Die Maschine ist brandneu und die freie Platzwahl erinnert ein wenig ans Bus fahren.

Nach knapp zwei Stunden Flug kommen wir sogar noch 10 Minuten vor Plan um 9:00 h in Neapel an. Einem Insider Tipp unseres Marco Polo-Reiseführers folgend haben wir eine Bed & Breakfast-Unterkunft gebucht. Der verabredete Abhol-Service „Leonardo“ lässt allerdings auf sich warten. Über die Touristen-Information lassen wir beim B & B anrufen. Es stellt sich heraus, dass wir (trotz unseres Emails mit genauer Zeitangabe) erst für 12:00 h erwartet wurden. Italienisch unkompliziert ist Leonardo 20 Minuten später da. Auf der Fahrt schlägt uns zum ersten Mal die italienische Hektik entgegen und wir sind froh, dass wir nicht selber Auto fahren müssen (Autos ohne Macken sind eher die Ausnahme).

Die im Zweiten Weltkrieg stark zerstörte Stadt wird sehr geprägt durch den Baustil der 50er und 60er Jahre, so dass der erste Eindruck der nach Rom und Mailand drittgrößten (1,3 Mio. Einwohner) Stadt Italiens ziemlich hässlich ist. Die Altstadt hat allerdings noch sehr viel Reizvolles zu bieten.

Das gebuchte B & B „Tribu“ (www.tribunapoli.com) liegt im Stadtviertel Decumano Maggiore, in der Via dei Tribunali im Herzen der Altstadt. Hinter dem Eingangstor des Palazzo d`Angio lassen wir den Lärm der Altstadt hinter uns und betreten einen ruhigen Innenhof. Von den B & B-Betreibern (ein Architekt und eine Kunsthandwerkerin) werden wir freundlich begrüßt und zu einem Espresso eingeladen. Der aufgedrängte Abhol-Service ist selbstverständlich nicht kostenlos, doch der verlangte Fahrpreis von 18 EUR scheint uns zunächst angemessen zu sein.

Unser Zimmer ist spartanisch aber geschmackvoll eingerichtet und hat ein schönes separates Bad - leider jedoch nur ein 1,20m breites Bett. Der Übernachtungspreis von 95 EUR/Nacht ist hierfür aus unserer Sicht nicht ganz gerechtfertigt. Allerdings sind akzeptable Hotelzimmer ebenfalls kaum unter 90 EUR zu bekommen und die Lage im Herzen der Altstadt ist für uns optimal.

Historisches Zentrum (UNESCO Weltkulturerbe)

UNESCO Weltkulturerbe Wir beginnen unseren Rundgang mit der Erkundung des Altstadtviertels Decumano Maggiore und schlendern die Via dei Tribunali entlang. Schräg gegenüber vom Palazzo d`Angio liegt die Kirche San Paolo Maggiore, die im 8. Jh. n. Chr. an der Stätte eines römischen Dioskuren-Tempels errichtet wurde. Die Vorhalle des heidnischen Tempels wurde integriert, doch nach einem Erdbeben im Jahre 1688 sind vom Tempel heute nur noch zwei korinthische Säulen vor der Außenfassade verblieben. Der Innenraum ist barock und daher reich verziert. Die Steintreppe zur Krypta ist leider von der Kirche aus derzeit nicht zugänglich.

An das hektische Treiben und den Lärmpegel auf den Straßen müssen wir uns erst noch gewöhnen. Die Altstadtgassen sind sehr eng und stark bevölkert. Roller-Fahrer brettern rücksichtslos an uns vorbei und ständig müssen wir den durchfahrenden Autos Platz machen.

Wir gehen zur nahe gelegene Klosterkirche Gerolamini, die eine schöne Renaissance-Fassade hat, aber leider geschlossen ist und überqueren die Via Duomo. Am Piazza Riario Storza bewundern wir die schöne Marmorsäule Guglia di San Gennaro. Im Hintergrund ist die Kuppel des Doms zu sehen, der Seiteneingang ist nicht zugänglich. Diese älteste der drei noch erhaltenen Säulen in Neapel wurde 1631 nach einem Vesuv-Ausbruch errichtet und ist dem Stadtpatron San Gennaro gewidmet.

Klosterkirche Gerolamini
Piazza Storza - Marmorsäule Guglia di San Gennaro

Gegenüber liegt das Pio Monte della Misericordia, ein 1601 gegründetes Wohltätigkeitsinstitut zur Unterstützung Armer und Kranker. Das sehenswerte Altarbild „Die sieben Taten der Barmherzigkeit“ von Caravaggio ist derzeit an das "Museo Nazionale di Capodimonte" entliehen, in dem bis zum 23. Januar 2005 die Ausstellung „Caravaggios letzte Jahre“ zu sehen ist.

Unser nächstes Ziel ist der Duomo. Die Kathedrale entstand gegen Ende des 13. Jh. auf den Ruinen von zwei früheren Basiliken. Bemerkenswert ist bereits die Fassade, die aus drei Portalen besteht. Im Innenraum fällt unser Blick zunächst auf die schöne Kassettendecke. Auch das Taufbecken aus ägyptischem Basalt ist beachtenswert. Unter der Apsis befindet sich die Krypta, in der insbesondere die Renaissancestatuen zu erwähnen sind.

Duomo Mosaik
Duomo - Mosaik-Madonna in der Seitenkapelle Santa Restituta

In der Seitenkapelle Santa Restituta gibt es eine herrliche Mosaik-Madonna zu bewundern. Das absolute Highlight ist der Archäologische Rundgang (3 EUR Eintritt), der am hinteren Ende der Kapelle beginnt. Eine Treppe führt hinab zu den Ausgrabungen, die erst 1969 wiederentdeckt und freigelegt wurde. Hier lässt sich wunderbar erkennen, wie über Jahrhunderte hinweg übereinander gebaut wurde. So ist beispielsweise ein Teil eines Mosaik-Fussbodens zu erkennen, der auf einem noch älteren, 14 cm tiefer gelegenen liegt.

Im rechten Seitenschiff der Kapelle Santa Restituta befindet sich das Baptisterium S. Giovanni in Fonte, laut Informationsmaterial die älteste Taufkirche der Christenheit (550 n. Chr.). Reste von Mosaikbildern, ebenfalls aus dieser Zeit, sind noch gut zu erkennen und sollen in ihrer Qualität die Mosaiken in Rom und Ravenna übertreffen. Unter der Kuppel befindet sich eine Wanne für Taufrituale.

Bevor wir den Dom wieder verlassen besichtigen wir noch die Cappella del Tesoro di San Gennaro, die mit einer wunderschön freskierten Kuppel versehen ist. Bemerkenswert ist ebenfalls der Silberaltar sowie zahlreiche filigrane Silberstatuen.

Der Via Duomo folgen wir und gelangen zu den beiden Klosterkirchen Santa Maria dei Donnaregina Vecchia und Nuova. Leider sind beide Kirchen, die früher miteinander verbunden waren, ab mittags geschlossen. Zurück auf der Via dei Tribunale besichtigen wir die gotische Kirche San Lorenzo Maggiore. Die Besichtigung des angrenzenden Klosters, unter dessen Kreuzgang sich Ausgrabungen einer gut erhaltenen Ladenstraße mit Backstube, Weinkneipe und Resten eines Marktplatzes befindet, lassen wir aus.

Durch die enge Gasse der Via San Gregorio Armeno, der Straße der Weihnachtskrippen, schlendern wir zum Piazza Bellini. Die Geschäfte sind das ganze Jahr geöffnet, doch in der jetzigen Vorweihnachtszeit besonders gut besucht. Die überall aufgebauten Stände machen das Durchkommen schwer, daher ist hier besondere Vorsicht vor Taschendieben geboten. Der Piazza Bellini hinterlässt auf uns einen sehr touristischen Eindruck. Sehenswert sind allerdings die 1954 entdeckten Stadtmauerreste, direkt neben der Bellini-Statue.

Nach so vielen Kirchen und alten Stätten wollen wir uns erst einmal stärken. Spontan lädt uns in der Via Benedetto Croce das Ristorante Lombardi a Santa Chiara dazu ein, das von Einheimischen gut besucht ist. Die traditionelle Küche (ausgezeichnete Pizzen) zu einem guten Preis-/Leistungsverhältnis ist sehr zu empfehlen. Der in Deutschland übliche Getränkeaufschlag wird hier nicht erhoben. (1,5 Liter Mineralwasser für 1,50 EUR – unglaublich!!!). Zur Unterhaltung trägt ebenfalls, angestachelt durch einige Einheimische, ein Sänger mit Gitarre bei.

Viele Kirchen sind mittags geschlossen oder überhaupt nur vormittags geöffnet, so auch Santa Chiara. Am Piazza del Gesu Nuovo bewundern wir die schöne Marmorsäule Guglia del’ Immacolata, die gegenüber der Kirche Gesu Nuovo steht. Von unserem Weg zum Stadtteil Toledo kommen wir etwas ab. Als wir an einer Funiculare-Station vorbei kommen, entscheiden wir uns spontan, mit dieser hoch zu fahren und hoffentlich eine schöne Aussicht zu genießen.

Wir landen im über der Stadt thronenden Stadtteil Vomero und steuern das Castel Sant’ Elmo an. Auf dem Weg dorthin erschließen sich uns schon sehr schöne Ausblicke auf den Vesuv und den Golf von Neapel. Vomera ist ein wie wir finden ganz nettes (ruhiges) Wohnviertel mit einigen sehr schönen alten und gut erhaltenen Häusern.

Zunächst besichtigen wir den äußerst sehenswerten Klosterkomplex Certosa di San Martino. In der ehemaligen Klosteranlage sind Exponate der neapolitanischen Kunst und Geschichte ausgestellt. Die barocke, marmorverzierte Kirche San Martino mit Nebenräumen begeistert uns. Absolut bemerkenswert ist das freskierte Deckengewölbe sowie die aufwändigen Intarsienarbeiten der Wandvertäfelung in der Sakristei.

Certosa di San Martino
Klosterkomplex Certosa di San Martino

Durch den Ausgang erreichen wir den Chiostro Grande (Hauptkreuzgang) mit 64 Marmorsäulen. In den umliegenden Gebäudetrakten befindet sich die Kunstausstellung des Museo Nazionale. Über einen Seitenflügel, in dem die Krippenabteilung untergebracht ist, erreicht man den kleinen Kreuzgang Chiostro dei Procuratori. Besonders gefällt uns der wunderschöne Ausblick von der großen Dachterrasse des Quartiers des Priors.

Die Besichtigung des Castel Sant’ Elmo beschränkt sich auf den Ausblick auf Neapel und den Golf im Abendlicht.

Kreuzgang
Ausblick auf Neapel von der Dachterrasse des Castel Sant’ Elmo

Über einige Hundert Treppenstufen verlassen wir Vomera und erreichen das Altstadtviertel Spaccanapoli und den Piazza del Gesu Nuovo.

Die Kirche Santa Chiara hat inzwischen geöffnet. Hinter dem Hauptaltar liegt das großartige Grab von Roberto I. von Angiò aus dem 14. Jh. Für eine Besichtigung des zur Kirche gehörenden Konvent ist es schon zu spät.

Wir gehen zurück zum B & B und legen noch eine kleine Siesta ein. Zum Abendessen haben wir uns das am Piazza Dante gelegene traditionelle Restaurant Al 53 herausgesucht. Auch wenn die Atmosphäre etwas kühl wirkt, die Essensqualität ist ordentlich und wird offensichtlich von vielen Einheimischen geschätzt. Der anschließende Abendspaziergang führt uns nach Toledo. Auch im Dunkeln wirkt die Eisen-Glas-Konstruktion des Dachs der Galleria Umberto I und der elegant gemusterte Marmorboden recht eindrucksvoll. Das gegenüberliegende Teatro San Carlo ist leider nicht zu besichtigen. Über den Piazza Trieste e Trento gehen wir weiter zum Piazza Plebiscito und gewinnen einen ersten Eindruck des Palazzo Reale. Nachdem wir noch einen kurzen Blick in das angesagte Caffe Gambrinus (u.a. hat Oscar Wilde hier verkehrt) geworfen haben, machen wir uns auf den Rückweg zum B & B.

Sonntag, 21.11.2004 Neapel

Die B & B-Betreiber holen heute ihren Sohn von den Großeltern ab und haben uns einen Frühstücksgutschein für das unten im Gebäude gelegene Cafe Patry gegeben. Nach einem typisch italienischen Frühstück mit Cappuccino und Brioche beginnen wir unsere heutige Besichtigungstour im Viertel Spaccanapoli (ital. für "teilt Neapel"), das die Altstadt in 2 Teile spaltet.

Eher zufällig werfen wir einen Blick in den Innenhof des Palazzo Carafa. Die (leider eingerüstete) Spätrenaissance-Fassade der hierin befindlichen Capella della Pieta wird von zwei Marmor-Skulpturen geschmückt. Die Kapelle hat ein wunderschönes Deckenfresko. Im Museum (im Besitz der Banco di Napoli) befinden sich noch einige sehr schöne Exponate.

Palazzo Carafa
Innenhof des Palazzo Carafa

Wir kommen an der Nilstatue vorbei - eine Skulptur eines halbnackten, liegenden Greises mit Bart, in der rechten Hand ein Füllhorn, die Füße auf den Kopf einen Krokodils gestützt. In der nahe gelegene Kirche Sant’ Angelo a Nilo ist besonders das Renaissance-Grabmal des Kardinals sehenswert.

Über die Via Benedetto Croce gehen wir zum Piazza San Domenico auf der sich die Pestsäule befindet. Dahinter liegt die gotische, dreischiffige Kirche San Domenico Maggiore, die mit einer schönen Kassettendecke ausgestattet ist. Das Deckenfresko der Sakristei sowie die 45 Grabmäler von aragonischen Königen und Würdenträgern sind besonders sehenswert.

Als nächstes holen wir die Besichtigung des Konvents von Santa Chiara nach, das einen besonders schönen Kreuzgang hat. Der prachtvolle Klostergarten ist mit 72 oktagonalen Säulen und Sitzbänken mit Majolika-Kacheln geschmückt. Zitronen- und Orangenbäumen sowie Laubengänge runden das einladende Bild ab. Ein Highlight!

Konvent Santa Chiara
Klostergarten des Konvents von Santa Chiara

Im Nebengebäude befindet sich das Museo dell’Opera. Hier erwartet uns keine Opern-Ausstellung, sondern Exponate von Santa Chiara. Sehenswert sind Ausgrabungen der Ruinen eines römischen Badhauses.

Gegenüber liegt die Kirche Gesù nuovo. Die ungewöhnliche Diamantquader-Fassade gehörte früher zum Palazzo Sanseverino und blieb unverändert, als der Palazzo 1584 von den Jesuiten in eine Kirche umgewandelt wurde.

Diamantquader-Fassade der Kirche Gesu Nuovo
Diamantquader-Fassade der Kirche Gesu Nuovo

Das barocke Innere ist reich an Marmorschmuck, Statuen und Fresken – wird allerdings gerade renoviert. Einen flüchtigen Blick können wir auf die Statue der Jungfrau Maria auf einer Lapislazulikugel über dem Altar werfen.

Wer inzwischen den Eindruck gewonnen hat, dass die Altstadt Neapels von Kirchen nur so gepflastert ist, liegt damit nicht falsch.

Nun erkunden wir den Stadtteil Toledo bei Tageslicht. Die Via Voledo ist am heutigen Sonntag nicht so stark belebt. Die Geschäfte sind geschlossen. Dafür haben viele Straßenhändler die Gehwege belagert und bieten vorwiegend Lederwaren-Imitate an. Das Teatro San Carlo ist die älteste Oper Europas. Hier waren schon Wolfgang Amadeus Mozart, Hans Christian Andersen, Giacomo Casanova und jüngst der deutsche Künstler Anselm Kiefer (als Bühnenbildner für Richard Strauss "Oper "Elektra") zu Gast. Zahlreiche Uraufführungen (z.B. Rossini, Bellini und Donizetti) haben hier stattgefunden.

Beim Castel Nuovo haben wir leider auch nicht das richtige Timing, dieses ist sonntags geschlossen. Von Außen können wir die eindrucksvollen zylindrischen Türme der trapezförmig angelegten Burg sehen. Besonders schön ist die Marmorfassade des Eingangstores, in die ein Triumphbogen eingearbeitet ist.

Castel Nuovo
Castel Nuovo

Weiter gehen wir zum klassizistischen Piazza Plebiscito, der von der Kirche San Francesco di Paola und der 169 m langen Fassade des Palazzo Reale eingerahmt wird. Früher Aufmarsch- und Festplatz dient er heute als Flaniermeile, Spiel- und Konzertstätte, von letzterem zeugen zwei Sitztribünen auf denen wir Platz nehmen und den Rundblick genießen.

Beim Anblick der Kirche San Francesco di Paolo lässt sich nicht leugnen, dass diese mit einem kreisförmigen Grundriss nach dem Vorbild des Pantheons in Rom erbaut wurde. Die mit Rosetten verzierte Kuppel ist 53 m hoch und hat einen Durchmesser von 34 m. Im Innenraum neoklassizistisch wirkt die Kirche sehr nüchtern. An die Kirche schließen sich symmetrisch beidseitig Kolonnaden zweier Palazzi, in einem von beiden befindet sich heute die Präfektur.

San Francesco di Paolo
Kuppel der San Francesco di Paolo

Anschließend besichtigen wir den Palazzo Reale, dessen erstes Highlight das prächtige Treppenhaus ist. Im Palast ist das Hoftheater Teatrino di Corte sowie 30 Räume der königlichen Gemächer, die sich im ersten Stock um einen Innenhof gruppieren, zu besichtigen.

Palazzo Reale
Treppenhaus des Palazzo Reale

Die Räume sind üppig ausgestattet mit edlen Möbeln und Kunstgegenständen. In der Cappella Palatina erleben wir eine Überraschung. Das Deckenfresko wird derzeit restauriert und steht abgehangen auf dem Boden, so dass ein Loch in der Decke ist, das den Blick auf die Dachkonstruktion frei gibt. Bemerkenswert ist der herrliche Altar mit farbigen Marmorarbeiten. Die Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III. ist leider nicht zu besichtigen.

Nun wird es Zeit zurück zu gehen, denn um 14:00 h erwartet uns eine deutschsprachige Führung durch die Unterwelt. Unterwegs kaufen wir uns noch einen kleinen Snack, den wir in der Sonne sitzend auf dem Balkon unseres B & B verspeisen während sich unter uns die Weihnachtsmarktbesucher tummeln.

Der Eingang zur Napoli Sotterranea (www.napolisotterranea.org) liegt nur wenige Meter von unserem B & B entfernt, direkt neben der Kirche San Paolo Maggiore. Die Führung wird von Maria, einer sehr netten deutschen Studentin, gemacht. Nachdem wir den nicht ganz billigen Eintritt (knapp 10 EUR/Person) gezahlt haben, müssen wir zunächst durch einen schmalen Gang über 120 Stufen 40 m tief hinab gehen und befinden uns unter dem Friedhof von Santa Maria del Pianto. Hier sind Reste eines Steinbruchs zu sehen. Bereits vor über 5.000 Jahren begann man mit den ersten Ausschachtungsarbeiten zur Gewinnung des begehrten Tuffstein als Baumaterial. Später entstand hier ein Aquädukt mit zahlreichen öffentlich und privat genutzten Zisternen, das bis in das 19. Jh. ausgebaut wurde. Durch verschiedene Aquädukte wurden Wasserquellen der Umgebung in unterirdische Kammern umgeleitet. So konnte die Bevölkerung aus verschiedenen Brunnenschächten Wasser holen. Mit einer Kerze in der Hand werden wir durch die schmalen Schächte zu einigen Zisternen geführt - Platzangst sollte man hier nicht haben.

1895 erhielt Neapel ein modernes Wasserleitungsnetz ersetzt. Die nicht mehr benötigten Katakomben dienten fortan der Müllentsorgung. Durch die Brunnenschächte wurde der Müll (vorwiegend Bauschutt) in die Tiefe geschüttet. Obwohl die Katakomben im Zweiten Weltkrieg der Bevölkerung Schutz vor den Bombenangriffen boten, gerieten sie danach in Vergessenheit. Erst als einem Tischler, der seine Holzreste durch einen Brunnenschacht entsorgte, eine brennende Zigarette in diesen fiel und er einen Brand auslöste, wurden in den 70er Jahren die vergessenen Katakomben wiederentdeckt. Als aus den Brunnenschächten Rauch aufstieg glaubte die abergläubische Bevölkerung zunächst an ein Zeichen aus der Hölle. Von den vermuteten 400 km Unterstadt ist heute ein Kilometer zu besichtigen. An eine weitere touristische Nutzung traut sich offensichtlich keiner so recht heran, zumal insgeheim vermutet wird, dass ein Teil der Mafia als Verstecke dient.

Ein heute zugänglicher Gang führt auch unter ein Nonnenkloster. Diese hatten rund um einen Brunnenschacht einen Treppenaufgang geschaffen und den ca. 40 m unter der Erde liegenden Hohlraum als Vorratskammer genutzt. Hier wurde auch der sagenumwobene Tuffelo-Wein gelagert, dem nachgesagt wird, dass er schwängert. Welchen Genuss die Nonnen 40 m unter der Erde wirklich erfahren haben, bleibt wohl ewig ein Geheimnis.

Zur Führung durch die Unterwelt gehört ebenfalls die Besichtigung der Reste eines griechisch-römischen Theaters. Der Zugang liegt versteckt unter einer Erdgeschosswohnung - einem sogenannten Basso - in der Altstadt. Auf das Theater ist angeblich ein Schwarzhändler gestoßen, der unter seiner Wohnung ein Versteck schaffen wollte.

napoli Sotterranea
Napoli Sotterranea - Römisches Theater

griechisch-römisches TheaterErst vor wenigen Jahren wurde dem Kulturverein „Napoli Sotterranea“ die Theaterruine gezeigt und zur Nutzung überlassen. Eine ehemalige Autowerkstatt, die ebenfalls Räume des Theaters verwendete, wurde hinzugekauft. Mit ein wenig Fantasie lässt sich die Größe des alten Theaters (im Grundriss Rot eingezeichnet ist der zugängliche Teil), von dem ein Bühnenzugang und eine Künstlergarderobe freigelegt ist, erahnen. Sogar Kaiser Nero trat hier öffentlich auf und trug eigens von ihm komponierte Werke vor. Antiken Schriften zufolge soll der Kaiser Zuschauer aus dem Volk angeworben haben, um ihm Applaus zu spenden. Nicht einmal ein Erdbeben vermochte ihn während seiner Auftritte zu unterbrechen. An einigen Mauerresten kann man erkennen, wie seinerzeit bereits erdbebensicher gebaut wurde. Die Wand ist abwechselnd aus kegelförmigen Steinen und Ziegelsteinen gemauert, die es möglich machen, dass bei einem Erdbeben nur die Fugen brechen und sich die Steine verschieben, nicht aber die Wand einstürzt.

Die Überreste des Theaters geben ein typisches Beispiel ab, wie in Neapel mit antiker Bausubstanz umgegangen wurde (und noch wird). Alte Bauelemente wurden kurzerhand in das neue Bauobjekt integriert. In der ehemaligen Autowerkstatt wurde beispielsweise der Hohlraum genutzt, um hierin eine neue Wohnung zu setzen. Weitere Beispiele findet man an einigen Häuserfassaden, wo Reste von Säulen und Torgängen ummauert wurden. Von der Existenz des Theaters zeugen heute ebenfalls noch zwei massive Arkaden an der Via Anticaglia, die als Befestigungsstrukturen seines Äußeren dienten.

Die Führung durch die Unterwelt Neapels dauert ca. ein einhalb Stunden und ist absolut lohnenswert.

Wir nutzen den weiteren Tag zur Besichtigung des Stadtteils Capodimonte und I Vergini, ein äußerst lebendiges Arbeiterviertel. In den Straßen wechseln sich Mietshäuser mit historischen Kirchen und Palästen ab. Zunächst gehen wir durch das Porta San Gennaro, dass Mitte des 15. Jh. bei der Erweiterung der Stadtmauern entstand.

Porta San Gennaro
Porta San Gennaro

Leider sind die Sehenswürdigkeiten, so auch die als unterirdische Friedhöfe genutzten Katakomben, geschlossen. Vom Palazzo dello Spagnolo können wir lediglich durch einen Türschlitz einen Blick auf das Eingangsportal erhaschen. In den engen Straßen hat offensichtlich heute ein Markt stattgefunden, worauf insbesondere der viele Müll schließen lässt. Der Ausländeranteil ist in diesem Arbeiterviertel besonders hoch

Damit beenden wir unsere Besichtigungstour für heute und ziehen uns zu einer Siesta zurück. Am heutigen Sonntag haben wir etwas Mühe, ein Restaurant zu finden, denn die meisten sind geschlossen. Erst am Hauptbahnhof haben wir Glück. Auch hier finden wir wieder die typisch italienische Atmosphäre vor und verspeisen unsere akzeptable Pizza. Im Fernsehen verfolgen wir parallel die italienische Version von „Wer wird Millionär“ und können sogar die ein oder andere Frage beantworten.

 

Montag, 22.11.2004 Pompeji und Herkulaneum (UNESCO Weltkulturerbe)

UNESCO Weltkulturerbe Heute wollen wir Pompeji und Ercolano (Herkulaneum) erkunden. Da das Frühstück erst ab 9:00 h angeboten wird, suchen wir auch heute wieder das kleine Cafe auf. Zu Fuß gehen wir zur nahe dem Hauptbahnhof gelegenen Station Circumversuviana, wo die Regionalzüge zu den Ruinenstädten abfahren. Für 2,30 EUR lösen wir ein Ticket nach Pompeji. Die Fahrt dauert etwa 30 Minuten und bietet wunderschöne Ausblicke auf den Golf von Neapel und den Vesuv. Die Silhouette des gewaltigen Doppelberges ist an dem heute sehr klaren Tag schön zu sehen. Der Krater hat einen Durchmesser von 700m, einen Umfang von 12 km und ist etwa 200m tief.

Nach 30 Minuten Fahrt steigen wir direkt am Eingang von Pompeji aus. Bereits bei einem Erdbeben im Jahre 62 n. Chr. wurde Pompeji stark in Mitleidenschaft gezogen und war am 24. August 79 n. Chr., als der Vesuv ausbrach, noch nicht wieder vollständig hergestellt. Die Stadt mit damals etwa 20.000 Einwohnern wurde verschüttet und unter einer 7m dicken Asche- und Bimssteinschicht begraben - und damit konserviert. Dadurch haben wir heute die Möglichkeit, uns ein nahezu vollständiges Bild einer altrömischen Handelsstadt zu machen und einen Blick in die Vergangenheit und das Leben vor 2.000 Jahren zu werfen.

Erst 1750 wurden die Überreste der Stadt wieder entdeckt und mit den Ausgrabungen begonnen. Von dem 66 ha großen Gebiet sind heute 45 ha freigelegt worden. Foren, Tempel, Thermen, Theater, Villen aber auch einfache Wohnhäuser, Läden und Bäckereien kamen zum Vorschein. Die Stadt war von einer über 3.200 m langen Stadtmauer mit neun Eingangstoren umgeben. Bei den Ausgrabungen war es sogar möglich, von den verunglückten Menschen Gipsabdrücke zu nehmen, indem die entstandenen Hohlräume mit Gips ausgegossen wurden. Der Reiz von Pompeji liegt in der guten Erhaltung, durch die das Alltagsleben der antiken Vorfahren veranschaulicht wird.

Pompeji
Pompeji

Wir betreten die Stadt durch das alte Stadttor Porta Marina und laufen über intakte Straßen und Gassen, gepflastert mit Lavasteinen. Der Grundriss der rechter Hand liegenden ehemaligen dreischiffigen Basilika wird durch verbliebene Säulenreste und Außenmauern gut deutlich. Gleiches gilt für den Apollo-Tempel, der von einer Apollostatue geschmückt wird. Die Originalstatue ist allerdings – wie viele andere Funde - im Museum von Neapel zu bewundern. Gleich danach gelangen wir zum Forum, dem Mittelpunkt des religiösen, politischen und wirtschaftlichen Lebens. Das Forum, geschmückt durch einen Säulengang mit oberen Kolonnaden, galt als „City-Center“. Im Kornspeicher werden heute einige archäologische Funde wie Amphoren, architektonische Elemente und auch Gipsabdrücke der Opfer aufbewahrt.

Beim weiteren Bummel durch die Stadt kommen wir an Überresten vieler prächtiger Villen vorbei - die wunderschönen Marmorböden, Verzierungen und Wandbemalungen sind zum Teil noch gut erhalten und zeugen vom Reichtum seiner damaligen Bewohner. Die typischen Villen waren mit zwei Innenhöfen ausgestattet – einem Atrium und einem säulenumstandenen Garten.

Auch einige Ladenstraßen sind gut erhalten. So sieht man viele „thermopolia“, eine Art Snackbar, denn seinerzeit war es üblich, das Mittagessen außer Haus einzunehmen. In den gemauerten und verzierten Tresen sind Löcher für Amphoren eingelassen, in denen die Speisen aufbewahrt wurden. Ferner sind Backöfen und Mühlsteine einiger Bäckereien sehr gut erhalten.

Pompeji
Pompeji - Ladentheke

Gut gefallen uns auch die Reste der öffentlichen Thermen mit getrenntem Frauen- und Männerbereich. Sogar die Deckengewölbe sowie der schöne Mosaikboden, die Wasserbecken und viele Verzierungen sind noch sehr gut erhalten.

Ein besonderes Highlight ist sicherlich das Theaterviertel. In Pompeji gab es insgesamt drei Theater. Das Amphitheater gehört zu den ältesten und am besten erhaltenen. Der Zuschauerraum bot Platz für 20.000 Menschen und war für die Austragung von Gladiatorenkämpfen gedacht. Für den Bau des großen Theaters wurde ein natürlicher Abhang genutzt. Der hufeisenförmige Zuschauerraum bot 5.000 Zuschauern Platz. Nur der untere Bereich war mit Marmor verkleidet und bedeutenden Bürgern vorbehalten. Durch einen vierseitigen Säulengang – eine Art Foyer – war das große mit dem kleinen Theater verbunden. Der gemauerte Zuschauerraum wird von in Stein gehauenen Atlaten geschmückt.

Pompeji - Theaterarena
Pompeji - Theaterarena

Zur Schonung sind die einzelnen Häuser nur im Wechsel zugänglich, so dass wir auf unserem 4-stündigen Rundgang nur einen Eindruck gewinnen konnten. Gerne hätten wir natürlich auch einen Blick in ein Lupanarium (Bordell) geworfen..

Wir verlassen die Ruinenstadt und fahren mit der Bahn nach Herkulaneum. Nachdem wir endlich die Ausschilderung und dann den Eingang des Herkulaneums gefunden haben, gönnen wir uns erst einmal eine kleine Ruhepause und genießen – mit Blick auf den Golf von Neapel - ein Panini mit Proscuito und Parmiggiano. So gestärkt beginnen wir unsere nächste Besichtigungstour.

Zur Zeit des Vulkanausbruchs lebten rund 5.000 Menschen in Herkulaneum (Ercolano). Während Pompeji vom Ascheregen erstickt wurde, ergoss sich auf Herkulaneum ein riesiger Lavaschlammfluss, der das Städtchen über 20 m hoch bedeckte und so versteinerte und regelrecht zementierte, dadurch aber gut konservierte, wodurch Herkulaneum im Vergleich zu Pompeji besser erhalten ist. Als man mit den Ausgrabungen der über Jahrhunderte vergessene Stadt begann, mussten die über der antiken Stadt gebauten Häuser abgerissen werden. Noch heute dient etwa ein Drittel der alten Stadt als Fundament für die heutige Stadt.

Ercolano
Herkulaneum

Bei den Ausgrabungen kamen ganze Häuser zum Vorschein, sogar Holzskelette von Möbeln, Dachgebälk, Türen und Fachwerk aus Holz konnten ausgegraben werden. Wunderschön erhaltene und reichlich verzierte Tempel und Thermen wurden entdeckt. Einige Wohnhäuser vermitteln einen beeindruckenden Einblick in das Leben vor 2000 Jahren. Empfehlenswert ist ein Besuch in dem Haus der Hirsche, welches die wunderbaren Skulpturen der von den Hunden angefallenen Hirsche birgt, Satyr mit Weinschlauch oder den trunkenen Herkules birgt.

Inzwischen sind wir von den vielen „toten Steinen“ ganz geschafft. Mit der Bahn fahren wir zurück nach Neapel und legen noch eine kleine Siesta ein.

Abends speisen wir noch in einer typischen Pizzeria. Der Lärmpegel ist hier besonders hoch, denn offensichtlich wird ein Kindergeburtstag gefeiert. Die typisch italienische Atmosphäre gefällt uns gut, auch wenn wir dies sicherlich nicht jeden Tag ertragen könnten.

Dienstag, 23.11.2004

Auch heute kommen wir nicht in den Genuss des hauseigenen Frühstücks. Unseren Vermietern war 7:30 h offensichtlich zu früh, so dass wir wieder einen Gutschein für das Cafe Patry erhalten haben. Ein bisschen ist die italienisch unkomplizierte Art zu bewundern!

Für 8:00 h hatten wir Leonardo für den Transfer zum Flughafen bestellt. Nachdem wir bis 8:15 h vergeblich auf ihn gewartet haben, suchen wir uns ein Taxi. Als der Taxometer bei Ankunft am Flughafen 7,50 EUR anzeigt, fühlen wir uns doch etwas nach italienischer Manier über den Tisch gezogen (Leonardo hatte für den Hinweg 18 EUR kassiert).

Dennoch schmälert dieses Erlebnis nicht den tollen Gesamteindruck, den Neapel bei uns hinterlässt. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen und werden die Easyjet-Flüge im Auge behalten. Der Rückflug ist ähnlich unproblematisch wir der Hinflug. Nur die aus unserer Sicht zu hohen Parkgebühren am Flughafen Berlin Schönefeld müssen wir noch bemängeln (20 EUR/Tag). Das trübe Berlin-Wetter empfängt uns. Ciao Bella Italia!

Letzte Aktualisierung: November 2004 - © Anke Schlingemann und Detlef Hälker