Loire-Tal
La Loire à Vélo
Orleans - Saint-Dye - Blois - Amboise - Tours - Chinon - Saumur (ca. 300 km)
Mit 1.012 Kilometern Länge ist die Loire Frankreichs längster Fluss. Sie entspringt südlich der Stadt Le Puy im Zentralmassiv und mündet bei Saint-Nazaire in den Atlantik. Erst im Juni 2012 wurde der Radwanderweg „La Loire à Vélo“ fertiggestellt. Wir sind beeindruckt, wie schön der Radweg angelegt wurde. Immerhin wurde für das Projekt „La Loire a Velo“ 50 Mio. Euro investiert. So führt der Weg über größtenteils asphaltierte Straßen abseits des Autolärms an Wiesen und Feldern vorbei. Immer wieder haben wir schöne Ausblicke auf den Fluss. Den besonderen Reiz macht dessen Ursprünglichkeit aus. Naturbelassen bietet die Loire einen Lebensraum für viele Tiere und hat mit vielen Sandbänken, Inseln und Schwemmflächen einen ganz besonderen Reiz. Zwei Drittel der insgesamt 800 Kilometer langen Route verlaufen direkt am Ufer der Loire. Und rund ein Drittel führt durch ein UNESCO-Weltkulturerbe: das Loiretal zwischen Sully-sur-Loire und Chalonnes-sur-Loire mit seiner einzigartigen Landschaft und den berühmten Schlössern.
Im Zuge des hundertjährigen Krieges bildete die Loire die Grenze zwischen dem französisch kontrollierten Teil und dem englisch kontrollierten Teil Frankreichs. Deswegen wurde zu dieser Zeit der Bau und Ausbau von Festungsanlagen und Burgen vorangetrieben. Viele dieser Befestigungen dienten dann später nach Beendigung des Konflikts als Basis und Fundament für die prunkvollen Schlösser. Aufgrund der landschaftlichen Schönheit ließ sich im späten 15. bis 16. Jahrhundert der Adel dort nieder. Das Loiretal wurde daraufhin für kurze Zeit zum politischen Zentrum der Franzosen. Mehrere Könige residierten in ihren Prunkschlössern an der Loire, wodurch Paris für kurze Zeit sogar zur "Provinz" verkam. Aber schon ab Mitte des 16. Jahrhunderts übersiedelte der Hochadel zurück nach Paris und das Loiretal verlor seine poltische und kulturelle Bedeutung. Die aufwändigen Anwesen wurden aber nicht vollständig verlassen, sondern dienten weiterhin als Sommerresidenzen oder Jagdschlösser. So kam es, dass sich unzählige Baustile von der Renaissance über den Barock bis zum Klassizismus in den Gebäuden finden lassen.
Samstag, 11.08.2018 Orleans
Von Stuttgart sind es 720 Kilometer bis nach Orleans, wo wir unsere Loire-Radtour starten. Erfreulicherweise bleiben wir auf der Fahrt von Staus verschont und können auf der zum großen Teil in Frankreich über Landstraßen geführten Strecken die landschaftlich schöne Gegend genießen. Das gebuchte Orleans Parc Hotel in La Chapelle St Nesmin liegt direkt an der Loire.
Am Nachmittag bleibt noch Zeit, um Orleans zu erkunden. Beeindruckend ist die imposante Kathedrale Sainte-Croix, deren Türme aus der Stadtsilhouette herausragen. Über die breite Rue Jeanne d’Arc kommend blickt man auf die Westfassade mit hohen Spitzbögen-Portalen, großen Rosetten und zwei dreistöckigen luftigen Türmen. Der Innenraum beeindruckend eher durch seine Größe.
Kathedrale von Orleáns
Die 2002 komplett sanierte Altstadt lädt zu einem Bummel ein. Niedrige Stein- und Fachwerkhäuser reihen sich aneinander und jede Menge Cafés, Bars und Läden beleben die Straßen.
Besonders gut gefällt uns der großzügig angelegte Place du Martroi. Mehrgeschossige Häuser aus der Jahrhundertwende mit zum Teil Kuppel geschmückten Dächern rahmen den Platz ein. Eine grün patinierte Reiterstatue erinnert als Symbol französischen Nationalstolzes an Jeanne d‘Arc, die die Stadt 1429 von der englischen Besatzung befreite.
Place du Martroi - Jean d'Arc
Rund um den Platz gibt es zahlreiche Restaurants und Bistros, die zum Verweilen und dem bunten Treiben zuzuschauen einladen. Sehr schön ist ebenfalls die neu angelegte Promenade am Loire-Ufer.
Sonntag, 12.08.2018 Orleans - Clery St. Andre - Meung-sur-Loire - Beaugency - Saint Dye-sur-Loire (49 km)
Direkt vom Hotel starten wir unsere Radtour durch das Loire-Tal. Zunächst überqueren wir in Orleans die Europabrücke, die noch einmal einen schönen Blick auf die Kathedrale bietet.
Ein kurzer Abstecher gilt dem kleinen Ort Clery St. Andre. Die dortige Basilika Notre-Dame de Clery scheint für den kleinen Ort fast überdimensioniert. Auch hier verdient eher das Äußere einen näheren Blick. Immerhin liegt die Kirche auf dem Jakobsweg.
Bald erreichen wir Meung-sur-Loire. Vorher legen wir einen kleinen Erfrischungsstopp in den Jardins de Roquelin ein. Im Garten wird erfrischender Apfelsaft aus der Normandie serviert. Untermalt wird der Genuss vom ständigen Kikeriki der umher stolzierenden bunten Hähne. Auch ein Pfau zieht seine Runden und eine Gruppe Gänse watschelt an uns vorbei. Eine schöne Anlage, die ein wenig Aussteiger-Charme vermittelt. Garten- bzw. Rosenliebhaber können (gegen 6 Euro Eintritt) zudem den Garten mit 350 Rosensorten bewundern.
Chateau Meung-sur-Loire
In Meung besichtigen wir das Château. Der Besuch ist sehr zu empfehlen. Ausgestattet mit Informationen besichtigen wir die einzelnen Räume und lassen uns ein wenig ins Mittelalter zurückversetzen. So werden wir beispielsweise in die damaligen Tischsitten und Badegewohnheiten eingeführt. Besonders ist sicherlich auch das Eishaus, in dem schon damals Eis bis zu zwei Jahre konserviert werden konnte.
Beaugency - Loire-Brücke
Eine wunderschöne steinerne Brücke überzieht die Loire bei Beaugency und deutet die Bedeutung der Stadt im Mittelalter an. Das mittelalterliche Städtchen hat durchaus Charme, wirkt jedoch ein wenig wie im Dornröschenschlaf. Von der einstigen romanischen Festung ist lediglich die Ruine des Wehrturms erhalten. Besser erhalten ist das kleine Rathaus mit seiner schönen Renaissance-Fassade.
Beaugency - Renaissance-Rathaus
Bei einer Rast am Loire-Ufer genießen wir noch ein wenig den Blick auf die Bögen der Steinbrücke. Viele kleine Sandinseln veranschaulichen den aktuell sehr niedrigen Wasserstand. Die Sandbänke sind beliebter Anziehungspunkt für Sonnenhungrige.
Das Ende trägt die Last, so auch die letzten Kilometer unserer Tagesetappe. Zwar lässt sich die asphaltierte Strecke hoch auf dem Deich gut befahren, doch ein ständiger Gegenwind erschwert die Fahrt. So sind wir froh, als wir endlich unser Tagesziel Saint-Dye-sur-Loire erreichen. Stilvoll lädt das in einem schönen Herrenhaus untergebrachte Hotel Manoir Bel Air zum entspannen ein. Auf der Sonnenterrasse genießen wir den Blick auf die Loire und lassen uns abends im Restaurant verwöhnen. Das Essen verdient die Michelin-Empfehlung durchaus.
Montag, 13.08.2018 Saint Dye-sur-Loire - Chambord - Blois ( 30 km)
Der Loire kehren wir am heutigen Tag den Rücken zu. Das herausragende Schloss Chambord (UNESCO Weltkulturerbe) liegt nur sechs Kilometer von Saint-Dye-sur-Loire entfernt.
Schloss Chambord
Das prächtige Königsschloss offenbart schon bei der Anfahrt sein schönes Antlitz. Bombastisch erhebt es sich mit seinen vielen verzierten Türmen aus der flachen Landschaft. Das Jagdschloss, für das Sümpfe trockengelegt wurden, verschlang ein Vermögen. Bauherr Franz I. hatte allerdings kein Geld mehr übrig, um seine Söhne aus der spanischen Gefangenschaft auszulösen. Vor der Fertigstellung verstorben, wurde das Schloss von Sonnenkönig Ludwig XIV. fertiggestellt. Sein Nachfolger Ludwig XV. verschenkte es schließlich an Moritz von Sachsen. Seit 1930 ist es im Staatsbesitz und befindet sich in einem gut restaurierten Zustand.
Der ein oder andere mag in Frage stellen, ob ein Jagdschloss derartigen Prunk und 450 Räume bedarf. Von der Mitwirkung Leonardo da Vincis zeugt die einzigartige steinerne Wendeltreppen, die aus zwei ineinander verschränkte Spiralen besteht. Ohne sich zu treffen kann man gleichzeitig Auf- und Abgehen. Schön auch die Reliefs im Deckengewölbe der zweiten Etage, die das Wahrzeichen Franz I., den eher an einen Drachen erinnernden Salamander, in Szene setzen. Auf der Dachterrasse kann man die wunderschönen Kamintürme aus der Nähe bewundern. Eine 32 km lange Mauer umgibt den Prachtbau und den angrenzenden Forstwald.
Erfreulicherweise starten wir unsere Besichtigung vor dem Besucherandrang, der zusehends zunimmt. Jährlich kommen 800.000 Besucher nach Chambord.
Nach der schönen Besichtigung genießen wir in einem Café noch den Blick auf das Schloss uns passen so hervorragend den Regenschauer ab. Angesichts der heutigen regnerischen Wetteraussichten verzichten wir auf den Umweg zum Schloss Cheverney. So erreichen von Regen verschont am frühen Nachmittag das mittelalterlich geprägte Städtchen Blois und damit auch erneut die Loire. Vom gegenüberliegenden Ufer haben wir einen schönen Blick auf die Stadtsilhouette und die steinerne Brücke, die wir überqueren müssen.
Das Timing konnte kaum besser sein. Die ersten Regentropfen fallen mit Erreichen des unseres Hotels. Nach einer kurzen Siesta erkunden wir die Stadt.
Blois hat sich ihren mittelalterlichen Charme bewahrt. Allein aufgrund der Architektur, die Renaissance, Klassizismus, Gotik und Spätgotik vereint, ist das Schloss einen Besuch wert. Auch hier gibt es wunderschöne steinerne Treppenaufgänge. Die Innenausstattung wirkt eher museal denn authentisch.
Die Kathedrale hebt sich weder Außen noch Innen besonderen hervor. Schön ist ein Bummel durch die kleinen Gassen, auch wenn hierfür viele Treppenstufen gemeistert werden müssen.
Dienstag, 14.08.2018 Blois - Chaumont-sur-Loire - Ambois
Die erste Etappe des Tages führt heute der Empfehlung folgend weit abseits des Loire-Radwegs durch den Stadtwald von Blois. Auf der landschaftlich sehr schönen Strecke werden wir angesichts des Schotterwegs ziemlich durchgerüttelt. Möglicherweise wäre der Loire-Radweg, die bessere Route gewesen. Dafür haben wir über Onzain kommend einen schönen Blick auf Chaumont-sur-Loire und das auf einer Anhöhe liegende Schloss.
Chaumont-sur-Loire
Eine Besichtigung lassen wir uns trotz des mit 18 € recht stattlichen Eintritts nicht entgehen. Über eine Zugbrücke betreten wir die Feudalfestung der ehemaligen Burg. Ein Rundgang führt durch die einzelnen Räume, die eher als Gesamteindruck wirken. Sehr gut gefallen uns die Gobelins, die astrologische Motive verarbeiten. Einige Räume werden zudem für Kunstausstellungen genutzt. Schön ist der Renaissancehof. Von der Terrasse hat man einen schönen Ausblick auf die Loire.
Besonders reizvoll ist die Gartenanlage. Anlässlich des Festival International des Jardins gestalten Künstler und Gartenarchitekten aus aller Welt jeden Sommer diesen aufs Neue. So finden sich schöne Blumenrabatte, aber auch allerlei zum Teil sehr moderne Kunstwerke auf dem Gelände.
Weiter folgen wir dem Loire-Radweg. Bis Ambois müssen wir einige Höhenmeter bewältigen und gegen den gefühlt ständigen Gegenwind ankämpfen.
Herrensitz Le Clos Luce
Der Radweg führt in Ambois direkt am Herrensitz Le Clos Luce vorbei. Nicht nur weil Leonardo da Vinci hier die letzten drei Jahre seines Lebens verbracht hat ist der Besuch ein Muss! Franz I. war so begeistert von dem Universalkünstler, dass er ihm diesen Herrensitz schenkte und zudem eine Rente zahlte. Auf dem Rundgang durch die Räume wird viel vom Schaffen des großen Genies vermittelt. Angeblich wurde die Mona Lisa hier fertig gestellt.
Noch anschaulicher sind die vielen Erfindungen, zu denen Originalzeichnungen, aber auch viele Modelle zu sehen sind. Leonardos Traum vom Fliegen war uns bereits bekannt. Neben einigen Flugzeug- oder Hubschrauber-Modellen findet sich auch ein Panzer, unterschiedliche Brückenkonstruktionen und sonstige Maschinen unter den Ausstellungsstücken. Besonders schön ist auch die Gartenanlage. Zahlreiche großformatige Modelle können spielerisch erkundet werden. Absolut sehenswert!
Von hier ist es nicht mehr weit bis zum Hotel Bellevue, das direkt an der Loire neben dem Château Royal liegt.
Nach einer kurzen Siesta gehen wir über die Brücke General Leclerc. Die Cocktailbar Le Shaker bietet nicht nur ein umfangreiches Sortiment an Mixgetränken, auch der Blick auf das am gegenüberliegenden Ufer thronende Schloss lädt zum Verweilen ein. So genießen wir die letzten Sonnenstrahlen mit Blick auf die mittelalterliche Kulisse.
Château Royal
Abends speisen wir im Restaurant Le Lion d‘Or und sind von den Gerichten - der Chef hat in einem Sternerestaurant gelernt - sehr angetan.
In den engen Gassen herrscht auch abends noch reges Treiben. Auch hier wird - typisch französisch - allabendlich ein „Spectacle“ (musikuntermalte Licht-/Diaschau) angeboten.
Mittwoch, 15.08.2018 Ambois - Chenonceau - Tours (ca. 55 km)
Erneut wenden wir der Loire den Rücken zu. Heute wird uns einiges an Höhenmetern abverlangt.
Das malerische Schloss Chenonceau hat durch seine Architektur einen besonderen Reiz. Als Erweiterung des Schlosses wurde die Brücke über den romantischen Fluss Cher mit einer Galerie überbaut. Leider können wir dieses Highlight nicht alleine genießen. Als wir gegen 9:45 h das Schloss erreichen ist der Parkplatz bereits gut gefüllt. Entsprechend schieben wir uns im Schloss mit den Massen durch die Räume. Kulturgenuss ist anders!
Schloss Chennonceau
So sind wir froh, als wir später an der Cher - ein linker Nebenfluss der Loire - mehr oder weniger alleine radeln. Landschaftlich ist die Strecke sehr reizvoll. So sieht man einige schön gelegene Campingplätze. Die kleinen Orte, die an der Strecke liegen, wirken allerdings wie ausgestorben und eine Möglichkeit sich zu stärken ist nicht in Sicht.
Nachmittags erreichen wir die weniger schönen mit einfachen Wohnsiedlungen zugepflasterten Außenbezirke von Tours. Erfreulicherweise gibt es einen separaten Fahrradweg neben der Hauptstraße. Die Universitätsstadt hat etwa 135.000 Einwohner und ist dem ersten Eindruck nach wenig ansprechend. Das dem Hauptbahnhof gegenüberliegende Grand Hotel hat schon bessere Zeiten gesehen, eignet sich aber gut für eine Erkundung der Stadt. Auffällig ist die schöne Fassade des Bahnhofsgebäudes.
Die Rue Nationale wird von breiten Gehsteigen gesäumt. Hier kann man in vielen kleinen Brasserien oder Cafés verweilen. Schon bald erreichen wir den großzügigen Kreisverkehr um den blumengeschmückten Place Jean-Jaures. Dahinter sticht die großartige Fassade des Hotel de Ville heraus.
Lebhaft ist die Altstadt rund um den Place de Plumerau. Dieser wird von einigen schmalen Häusern aus dem 15. und 16. Jahrhundert mit spitzen Giebeln und unterschiedlichsten Fachwerkfassaden eingerahmt.
Kathedrale Saint-Gatien
An der Loire entlang schlendern wir zur zweiten Altstadt die am Chateau Tours beginnt. Von diesem ist nicht mehr viel übrig. Ein absolutes Juwel ist die Kathedrale Saint-Gatien, insbesondere die filigran geschmückte Westfassade. In der Rue Colbert findet man vortreffliche Restaurants. Wir begnügen uns heute mit Wein und Käse. Das L‘Affine bietet hier eine große Auswahl. Die Innenstadt von Tours ist dann aber doch wesentlich schöner, als die Außenbezirke vermuten ließen.
Donnerstag, 16.08.2018 Tours - Villandry - Azay le Rideau - Usse - Chinon (70 km)
Heute haben wir eine längere Fahrstrecke vor uns. Nachdem wir Tours verlassen haben radeln wir erneut an der Cher entlang. So lassen sich die ersten 20 km gut meistern. In Villandry reizt weniger das kleine Renaissance-Schloss, als vielmehr die wunderschöne Gartenanlage. Geometrie aus Kraut und Rüben beschreibt der Reiseführer diesen aufwändig angelegten Renaissancegarten nicht unpassend.
Gärten von Villandry
Angeblich rahmen Buchsbaumhecken mit einer Länge von 52 Kilometern die in geometrischen Mustern angelegten Zierbeete ein. Neben dem Gemüse- und Kräutergarten gibt es ebenfalls schön angelegte Blumengärten und Wasserbecken. Ein absolutes Highlight.
Unser nächster Stopp gilt Azay le Rideau. Hier müssen wir uns erst einmal stärken. Dies gelingt uns vorzüglich im Restaurant Les Grottes, das tatsächlich in einer Höhlenwohnung eingerichtet ist.
Château Azay-le-Rideau
Das Schloss Azay-le-Rideau beeindruckt durch seine stilvolle Architektur. Man sollte nicht versäumen, dies einmal zu umrunden.
Nur wenige Kilometer entfernt liegt das kleine, nicht weniger architektonisch reizvolle Château L’Islette. Dies fand auch Auguste Rodin, der das Schloss als Liebesnest nutzte, um sich mit seiner damals 17jährigen (Rodin war 41) Schülerin Camille Claudel zu treffen und künstlerisch aktiv zu sein. Unter anderem schuf er hier (im Auftrag von Emil Zola) die bekannte Skulptur von Honore de Balzac. Das Schloss ist heute in Privatbesitz und nur in den Sommermonaten zu besichtigen. Dementsprechend gibt es in den Räumen nicht nur altes Mobiliar sondern durchaus Zeugnisse der Eigentümer. Immerhin wurden inzwischen moderne Bäder eingebaut.
Château L’Islette
Bei sommerlichen Temperaturen fällt die letzte noch über 20 km lange Etappe schwer. Nur teilweise bietet ein Stück Wald ein wenig Schatten. Ansonsten radeln wir nun wieder an der Loire lang und haben tolle Blicke auf den ursprünglichen Fluss. Auf den Sandbänken sieht man Fischreiher und andere Vögel. Wie aus dem Nichts erhebt sich das an ein Dornröschenschloss erinnernde Château d‘Usse aus der Landschaft. Wir genießen den schönen Anblick und treten die letzte Etappe an. Nach einer Pause in Huismes (Max Ernst hat hier von 1955 - 1969 gelebt) erreichen wir endlich unser Tagesziel Chinon an der Vienne.
Château d‘Usse
Über der mittelalterlichen Stadt (9.100 Einwohner) thront das Forteresse Royale. Die Burg wurde vollständig restauriert und wird von einer 18 m hohen Befestigungsmauern eingerahmt.
Die Altstadt wird von vielen gut erhaltenen mittelalterlichen Kalk- und Fachwerkhäusern geschmückt. Viele kleine Bistros und Restaurants laden zum Verweilen ein. Allerdings sind wir heute gegen 21 h fast schon zu spät dran, um noch etwas zu essen zu bekommen. Ein italienische Restaurant mit frischer Pasta gibt uns aber doch noch einen Tisch.
Freitag, 17.08.2018 Chinon - Candes-Saint-Martin - Fontevraud - Saumur (50 km)
Heute treten wir die letzte Etappe unserer Radtour an. Ein idyllischer Weg führt an der ursprünglichen Vienne entlang. Bei Candes-Saint-Martin verbindet sich die Vienne mit der Loire. Von einem Aussichtspunkt hat man einen schönen Ausblick hierauf. Allerdings haben beide Flüsse aktuell sehr wenig Wasser. Im Hintergrund steigt Wasserdampf aus einem Kraftwerk auf. Wie wir dem Reiseführer entnehmen gibt es in der wunderschönen Gegend des Loire-Tals erstaunlicherweise vier Atomkraftwerke.
Eine wuchtige Kirche bestimmt das Ortsbild von Candes-Saint-Martin. Die morbide Fassade lässt noch ein wenig die ehemalige Verzierung erahnen. Auch im Inneren gibt es einige verbliebenen Reste der ehemaligen farbenfrohen Ausstattung.
Ein etwa sechs Kilometer langer Abstecher führt über viele Hügel zur Abtei Fontevraud aus dem 11. Jahrhundert. Es ist eines der größten Klosteranlagen Europas.
Abtei Fontevraud
Frauen hatten hier das Sagen. Bis 1792 leiteten 36 Äbtissinnen die Abtei. Vom Gefängnis, das nach der französischen Revolution bis 1963 hier betrieben wurde, ist nichts mehr zu erkennen. Die Anlage wurde aufwändig restauriert. Das ehemalige Inventar wurde geplündert. In den Räumen und der großen Krypta gibt es einige interessante Kunstinstallationen zu sehen. Vier bunt bemalte Sarkophage stehen in der Abteikirche. Der englische Herrscher Heinrich II. und sein sagenumwobener Sohn Richard Löwenherz haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden.
Wir entscheiden uns gegen den hügeligen Weg durch die Weinberge und fahren stattdessen ein letztes Mal an der Loire entlang nach Saumur. Kurz vor erreichen der Stadt kann man für einen schönen Blick auf die Stadtsilhouette ins breite ausgetrocknete Flussbett hinabsteigen.
Saumur (ca. 30.000 Einwohner) ist bekannt für seine Cremants/Schaumweine, die nach der Champagnermethode hergestellt werden. Unser Timing könnte kaum besser sein. Als wir die Sektkellerei Bouvet-La-Dubay erreichen, können wir noch an der letzten Führung teilnehmen. Die stillgelegten Kalksteinbrüche bieten ideale Bedingungen für die Schaumweinproduktion. Die informative Führung durch die kilometerlangen Tuffsteinkeller ist absolut empfehlenswert. Heute werden die Flaschen nicht mehr von Hand gedreht, um die ungewünschte Heferückstände, die bei der Flaschengärung entstehen, zur Flaschenöffnung zu bewegen. Eindrucksvoll wird uns die Rüttelmaschine demonstriert.
Bouvet-La-dubay hat einen Künstler beauftragt, um im Keller einige Kunstwerke aus dem Kalkstein zu kreieren. So erinnern einige Säulen oder Skulpturen an Kirchenfassaden für die der Kalkstein früher hier abgebaut wurde. Zum Abschluss der Führung gibt es noch eine Verkostung einiger der leckeren Tropfen.
Burg von Saumur
Das Best Western Hotel liegt auf einer breiten Loire-Insel. Von hier hat man einen schönen Ausblick auf die Burg von Saumur mit ihren wuchtigen quadratischen Türmen. Auch hier findet man in der Altstadt viele schön restaurierte Häuserfassaden.
Samstag, 18.08.2018 Saumur - Orleans - Verdun
Morgens erfolgt der Rücktransport nach Orleans.
Die Radtour durch das Loire-Tal hat uns sehr gut gefallen. Charakteristisch ist die Ursprünglichkeit der Gegend, die rund um die Loire wild und fruchtbar ist. Die naturbelassenen Flussläufe und der ländliche Charme sind Salbei für die Seele. Aufgelockert wird das schöne Naturerlebnis durch Kulturhighlights. Der französische Hochadel wählte das Flusstal der Loire zwischen Orleans und Saumur zu Heimat und hinterließ im „Garten Frankreichs“ ein prachtvolles Erbe. Wunderschöne Schlösser und Gartenanlagen laden zum Besuch ein. Nirgendwo in Europa sind auf engem Raum so viele Schlösser zu finden, wie im Loiretal. Savoir-vivre! Das Val de Loire ist zudem das drittgrößte Weinanbaugebiet Frankreichs und auch kulinarisch kann man sich hier verwöhnen lassen. Wir sind stromabwärts geradelt, also von Ost nach West, und mussten etwas gegen den Westwind ankämpfen.
Die Rückfahrt unterbrechen wir mit einem Aufenthalt in Verdun.