Wien
Bereits im Frühjahr haben wir im Internet Billigflüge nach Wien (29,- Euro one way inkl. Steuer) ergattert. Am späten Nachmittag landen wir in Wien und lassen uns von einem Taxi zur Pension Neuer Markt (www.hotelpension.at/neuermarkt) bringen, die nur wenige Gehminuten vom Stehpansdom entfernt in der Seilergasse liegt. Die Pension hat zwei Etagen in einer alten Stadtvilla bezogen und dadurch einen gewissen Charme. Allerdings lässt das schöne Treppenhaus sowie der alte Aufzug mehr erwarten. Die Zimmer sind äußerst einfach ausgestattet, so dass sich der Übernachtungspreis (112,- Euro im Doppelzimmer inkl. Frühstück bei Vorbuchungen) zugegebenermaßen nur aufgrund der sehr zentralen Lage rechtfertigen lässt.
Wiens historisches Zentrum zählt in seiner Geschlossenheit zu den schönsten Stadtdenkmälern Europas und wurde 2000 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Stephansdom
Als erstes Ziel steuern wir den Stephansdom an – eine Meisterleistung der österreichischen Gotik und natürlich das Wahrzeichen Wiens. Der schmuckvolle Kirchenraum beherbergt eine Vielzahl an Kunstschätzen wie beispielsweise die reich geschmückte Kanzel oder den gotischen "Wiener Neustädter Altar" – ein Flügelaltar aus dem Jahre 1447.
Flügelaltar im Stephansdom
Der 137 m hohe Südturm ist leider zur Zeit eingerüstet und auch die Katakomben sind aufgrund der wenig später stattfindenden Messe geschlossen. Hierin befinden sich die sterblichen Überreste früherer Habsburger sowie in Urnen die Eingeweide von 56 Mitgliedern des Herrscherhauses, deren Gebeine in der Kaisergruft bestattet sind. Im Nordturm ergattern wir den letzten Aufzug zur "Pummerin", eine 21 Tonnen schwere Glocke, die nach der zweiten Türkenbelagerung (1683) aus dem Erz der erbeuteten Kanonen gegossen wurde. Der Blick über Wien ist hier zwar nicht so spektakulär, dafür kann man jedoch sehr schön das gekachelte Dach des "Steffl" bewundern.
Auf dem Stephansplatz stehen einige Fiaker für eine Stadtrundfahrt bereit (der Geruch der Pferdeäpfel lässt sich auch mit viel Wasser nicht bekämpfen), doch wir erkunden die Stadt lieber zu Fuß (zumal Anke schon bei ihrem ersten nur zweistündigen Wienbesuch hier einschlägige, teure Erfahrungen gemacht hat).
Wir schlendern zur Domgasse und entdecken das Figaro-Haus, ein Spätbarockbau, in dem Mozart 1784-87 u.a. die "Hochzeit des Figaro" komponiert hat. Für eine Besichtigung der einzigen in Wien erhaltenen Mozartwohnung ist es jedoch schon zu spät.
Unser Rundgang führt uns zurück in die Grabengasse, als "Der Graben" bekannt. Zunächst bewundern wir die gewaltige Pestsäule, eine hochbarocke Erinnerung an die Pestepidemie, die 1679 über 100.000 Wiener dahinraffte.
Ein weiteres Beispiel des österreichischen Barocks finden wir in der Peterskirche. Besonders bemerkenswert ist das Kuppelfresko "Himmelfahrt Mariae" von Johann M. Rottmayr.
Unser nächstes Ziel: das Palais Ferstel, ein venezianisch anmutendes Prunkstück der Wiener Ringstraßenarchitektur. Die exklusive glasüberdachte Einkaufspassage wurde aufwändig restauriert und bietet einigen schönen Antiquitäten-Geschäften den passenden Rahmen. An einem Schokoladengeschäft drücken wir uns die Nase an der Scheibe platt. Kein Wunder, dass sich nun so langsam auch unser Magen meldet. Wir beenden unseren heutigen Rundgang und suchen uns ein nettes Lokal zum Abendessen.
Sonntag, 3. August 2003
Auf dem Weg zum Schloss Belvedere kommen wir an der derzeit teilweise eingerüsteten Staatsoper vorbei. Ein Stück die Ringstrasse entlang erreichen wir einen auffälligen Sakralbau mit mächtiger Kuppel – die barocke Karlskirche, die auf Grund eines Gelübdes des Habsburgkaisers Karl VI. anlässlich einer weiteren Pestepidemie (1713) erbaut und seinem Namenspatron dem Hl. Karl Borromäus 1737 geweiht wurde.
Karlskirche in Wien
Zwei imposante Triumphsäulen flankieren die Mittelfront und erinnern an einen antiken Tempel. Die Fresken in der ovalen Kuppel sind ebenfalls von Johann Michael Rottmayr. Während der laufenden Renovierungsarbeiten können Besucher mit einem rundum verglasten Lift auf eine 33m hohe Plattform fahren und die Fresken aus nächster Nähe bewundern.
Wir passieren das Russische Heldendenkmal mit dem davor liegenden Hochstrahlbrunnen, und gelangen zur Anlage des Schloss Belvedere.
Schloss Belvedere in Wien
Prinz Eugen von Savoyen (1663-1736), erfolgreicher Feldherr und Kunstliebhaber, ließ sich dieses Gartenpalais von Johann Lukas von Hildebrandt als Sommersitz vor den Toren der damaligen Stadt erbauen. Das barocke Meisterwerk besteht genau genommen aus zwei Schlössern - Oberes und Unteres Belvedere. Zwischen beiden Schlössern erstreckt sich ein über 500m langer, terrassierter Garten, der im ursprünglichen Barockstil rekonstruiert wurde. Das auf einer Anhöhe thronende Obere Belvedere beherbergt heute die Österreichische Galerie mit österreichischer und internationaler Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts. Glanzpunkt der permanenten Ausstellung: Klimts "goldene" Bilder "Der Kuss" und "Judith" - absolut sehenswert!.
Auf dem weiteren Weg zum Museumsquartier bewundern wir das Secessionsgebäude, dass auf Grund seiner Goldkuppel auffällt, die sich aus 3.000 Blättern zusammen fügt.
Sessionsgebäude
Ein Hauptwerk des Wiener Jugendstils. "Der Zeit ihre Kunst. Der Kunst ihre Freiheit." steht in goldenen Lettern über dem Eingang des vom Jugendstil-Architekten Joseph Maria Olbrich vor über 100 Jahren geplanten Ausstellungsgebäudes. Der Prachtbau war zur Zeit seiner Errichtung sichtbarer Ausdruck einer Blütezeit in Wissenschaft und Kunst.
Leider reicht die Zeit nicht, um die Akademie der Bildenden Künste zu besichtigen. Ein sehr imposanter mit Terrakotten und Fresken verzierter Hochrenaissance-Bau, in dem sich eine Gemäldegalerie von Weltruf befindet; u.a. ist der Weltgerichts-Altar von Hieronymus Bosch zu besichtigen sowie Werke von Rubens, Tizian, Rembrandt und van Dyck.
Akademie der Bildenden Künste
Das MuseumsQuartier am Rande der Wiener Altstadt gehört zu den neun größten Museumsbezirken der Welt. Hier ist in den letzten Jahren auf 60.000 qm ein einzigartiger Museumskomplex aus revitalisierten Barocktrakten (den einstigen Hofstallungen) und imposanten Neubauten entstanden.
MQ MuseumsQuartier
Zu dem Quartier gehören u.a. das Leopold Museum -ein Neubau in Kalkweiß- mit der weltweit größten Schiele-Sammlung das von dunkelgrauem Basalt umhüllte Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien sowie die Kunsthalle. Ein junges Architektenteam hat das MQ in eine Landschaft aus überdimensionalen hellblauen Sitzmöbeln verwandelt. Im Cafe Leopold im Innenhof des MQ geniessen wir die am heutigen Sonntag stattfindende Musik-Darbietung bei einer kulinarischen Stärkung und gucken dem bunten Treiben zu.
Dem anschließend Abstecher zum Spittelberg können wir nicht so viel abgewinnen. In engen, autofreien Gässchen haben sich einige Galerien, Boutiquen, Kunsthandwerksläden und Lokale niedergelassen – Sonntag nachmittags ist hier jedoch alles wie ausgestorben.
Also schlendern wir weiter am Justizpalast und Parlament vorbei und kommen zum Neuen Rathaus, ein neugotischer Prunkbau. Auf dem fast 100m hohen Turm wacht der mit Standarte 6m hohe Rathausmann. Auf dem Rathausplatz findet zur Zeit das Musikfilmfestival statt – auf einer Großleinwand werden unter freiem Himmel berühmte Operninszenierungen und Musikveranstaltungen übertragen. Die heute Abend stattfindende Konzertübertragung merken wir uns vor.
Neues Rathaus
Vom Rathausplatz aus hat man einen sehr schönen Blick auf das Wiener Burgtheater. Das Gebäude am Ring wurde 1874 bis 1888 nach den Plänen von Gottfried Semper und Karl von Hasenauer im Stil der Hochrenaissance erbaut und 1948 bis 1955 nach schweren Kriegszerstörungen wieder hergestellt.
Die Michaelerkirche an der Hofburg mit klassizistischer Fassade, wird überragt von einem achteckigen Turm. Die wilde architektonische Mischung setzt sich im Inneren fort. Die Spätromantik überragt, der Chor ist jedoch gotisch und der Portalsvorbau barock. In dieser Kirche wurde, bald nach Mozarts Tod, sein letztes Werk, das "Requiem" uraufgeführt. Auf dem Michaelerplatz haben Wiener Stadtarchäologen 1990 Reste einer römischen Siedlung freigelegt.
Einem Tipp des Reiseführers folgend, besichtigen wir noch die Jesuitenkirche. Faszinierend ist die illusionistische Deckenmalerei, die eine nicht vorhandene Kuppel vortäuscht. Abends essen wir typische Wiener Spezialitäten im Pfudl und lauschen anschließend auf dem Rathausplatz einer sehr schönen Konzertübertragung von Dave Brubeck.
Montag, 4. August 2003
Die Besichtigung von Schloss Schönbrunn, das hervorragend mit der U-Bahn Linie U4 zu erreichen ist, sollte bei einem Wien-Besuch nicht fehlen. Die imperiale Schlossanlage mit ihren Nebengebäuden und weitläufigen Gärten zählt zu den kulturhistorisch und künstlerisch bedeutendsten barocken Anlagen in Europa (seit 1996 UNESCO Weltkulturerbe).
Eine Schlossbesichtigung der prunkvollen Hofgemächer bietet Einblick ins Leben barocker Herrscher. Von der oberhalb gelegenen Gloriette mit ihrer Aussichtsterrasse genießt man einen wahrhaft imperialen Ausblick über Wien.
Schloss Schönbrunn
Besonders interessant sind der historische und nach modernsten Gesichtspunkten geführte Tiergarten Schönbrunn, der älteste und einer der prächtigsten Zoos Europas und das architektonisch faszinierende Palmenhaus im Schlosspark mit seiner exotischen Pflanzensammlung.
Die Aufführungen im historischen Schönbrunner Schlosstheater, der Hausbühne der Habsburger, bieten gediegene Theater- und Opernabende, die Hofbackstube Schönbrunn pflegt die Alt-Wiener Mehlspeiskultur und ist eine besondere kulinarische Attraktion für Besucher aus aller Welt.
Das Schloss hat 1441 Räume; davon können 45 besichtigt werden. Die Innenausstattung ist im Rokokostil (zumeist weiße Flächen mit Ornamenten aus 14karätigem Blattgold) gehalten und umfasst böhmische Kristallluster und Kachelöfen.
Spiegelsaal im Schloss Schönbrunn
Die Wohn- und Arbeitsräume von Kaiser Franz Joseph sind schlicht und einfach gehalten; umso prunkvoller die Repräsentationsräume und die Gästezimmer. In den Räumen der Kaiserin Sisi gab es eine separate Treppe, damit die Kaiserin ungesehen in den Park entschwinden konnte. Im Spiegelsaal musizierte Mozart als sechsjähriges Wunderkind.
Hier wurde Geschichte geschrieben: Im Chinesischen Rundkabinett hielt Maria Theresia ihre geheimen Konferenzen mit Staatskanzler Fürst Kaunitz ab. Im Vieux-Lacque-Zimmer konferierte Napoleon. Im Blauen Chinesischen Salon unterzeichnete 1918 Kaiser Karl I. seinen Verzicht auf die Regierung (Ende der Monarchie). Das Millionenzimmer, mit Rosenholz getäfelt und mit wertvollen Miniaturen aus Indien und Persien versehen, zählt zu den schönsten Rokokoräumen überhaupt. In der Großen Galerie tanzte der Wiener Kongress 1814/15; heute finden in ihr zu besonderen Anlässen Staatsempfänge statt.
Es lohnt sich, durch den wunderschönen Schlosspark zu Lust wandeln und zur Gloriette, die auf einer Hügelkuppe thront, zu gehen. In dem integrierten Kaffee kann man (natürlich mit Touristenaufschlag) den Durst löschen.
Mit der S-Bahn fahren wir wieder zurück in die Altstadt. Unser Weg führt zunächst zur Hofburg, ursprünglich tatsächlich eine mittelalterliche Burg, an die heute nur noch die Burgkapelle erinnert. Mit der Zunahme der Macht der Habsburger und der Vergrößerung ihres Herrschaftsgebietes wurde sie zur prachtvollen Residenz ausgebaut, die heute 18 Trakte und 19 Höfe umfasst. In der Hofburg befinden sich heute der Amtssitz des Bundespräsidenten sowie die Spanische Hofreitschule und die Nationalbibliothek.
Von den insgesamt rund 2.500 Räumen ist nur ein Bruchteil zu besichtigen: u.a. die Kaiserappartements im Rokokostil mit reichen Stukkaturen, wertvollen Wandteppichen aus Brüssel (17./18. Jh.), Lüstern aus böhmischem Kristall und Kachelöfen aus Porzellan. Das Mobiliar aus dem 19. Jh. ist im Stil Ludwigs XV. und des Empire gehalten.
Der Österreichischen Nationalbibliothek, früher Hofbibliothek, gilt unsere besondere Aufmerksamkeit. Sie wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vom Wiener Barockbaumeister Johann Bernhard Fischer von Erlach und dessen Sohn als Trakt der Wiener Hofburg errichtet.
Nationalbibliothek
Eindrucksvollster Teil der Nationalbibliothek ist der fast 80 m lange und 20 m hohe, kuppelgekrönte und mit Fresken von Daniel Gran geschmückte Prunksaal. Mehr als 200.000 Bände sind dort auf- und ausgestellt, unter anderem die 15.000 Werke umfassende Bibliothek des Prinzen Eugen von Savoyen und eine der größten Sammlungen von Reformationsschriften Martin Luthers. Zu den Exponaten zählen auch zwei barocke, venezianische Prachtgloben: ein Erd- und ein Himmelsglobus mit einem Durchmesser von je über einem Meter.
Nach einem Cafe Mellange im Cafe Central und einem Besuch im Feinkostladen Julius Meindl machen wir uns dann am frühen Abend auf zum Flughafen und beenden unser kurzes, aber sehr intensives Wien-Wochenende. Wir planen wiederzukommen, aber nicht im Hochsommer sondern irgendwann während der Theater- und Opernsaison.