Auschwitz - Birkenau

30. September - 03. Oktober 2006

Dienstag, 3. Oktober 2006 Konzentrationslager Auschwitz - Birkenau

Leider neigt sich unser Kurzurlaub in Krakau schon wieder dem Ende zu. Auf dem Rückweg nehmen wir noch einen etwa 40 km langen Umweg in Kauf, um uns die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Auschwitz, etwa 60 km von Krakau entfernt, anzusehen.

 

Stammlager Auschwitz I
Stammlager Auschwitz I

Das Stammlager Auschwitz I wurde im Mai 1940 von den Nationalsozialisten als Verwaltungszentrum eingerichtet. Am 3. September 1941 fanden hier die ersten Vergasungsversuche statt: 600 sowjetische Gefangene und 259 Gefangene aus der Krankenbaracke wurden mit Zyklon B ermordet. Insgesamt kamen hier in Auschwitz I ungefähr 70.000 Menschen, meist polnische Intellektuelle und sowjetische Kriegsgefangene, zu Tode.

1947 wurde in Auschwitz das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau zur Erinnerung an die Verbrechen gegründet. Ein Teil der Gebäude wurde von der SS kurz vor Ankunft der Sowjets vollständig zerstört, um die Spuren der Verbrechen zu verwischen. Einige wurden rekonstruiert und wieder aufgebaut, so dass das Gelände sehr komplett wirkt. Zunächst erreicht man das Häftlingsaufnahmegebäude. Hier werden dreieinhalb stündige Führungen angeboten. Da uns diese zu lange dauern, erstehen wir stattdessen eine Informationsbroschüre und folgen dem beschriebenen Rundgang. An den Wirtschaftsbaracken vorbeigehend erreichen wir die Wachtürme und das Tor mit der makaberen Inschrift "Arbeit macht frei".

Das Gelände wird von einem breiten Stacheldrahtzaun eingefasst. Hinter dem Tor befand sich die Lagerküche sowie die ehemaligen Häftlingsbaracken, in denen heute Ausstellungsräume eingerichtet sind. Mit Bergen von Schuhen, Brillen, Haarbürsten oder Koffern, auf denen die Namen derer stehen, die dann in die Gaskammern getrieben wurden, versucht man das Unbegreifliche darzustellen. Es ist unvorstellbar, wie viel Schicksal an einem Haufen mit 7 Tonnen Menschenhaaren hängt, die für die Herstellung von Haargewebe bestimmt waren. Auch leere Dosen von Zyklon B, die hier gefunden wurden, sind ausgestellt. Einen Eindruck von dem Grauen, das hier stattgefunden hat, erhält man im Krematorium mit Gaskammer sowie im Todesblock. Es ist ein sehr beklemmendes Gefühl, das sich bei der Besichtigung einstellt. Dazu tragen auch die zahlreichen furchtbaren s/w-Fotografien in den Ausstellungsräumen bei.

UNESCO WeltkulturerbeSeit 1979 sind die Überreste des Doppellagers Auschwitz I und II (Birkenau) als UNESCO Weltkulturerbe-Stätte eingetragen.

Auschwitz-Birkenau liegt drei Kilometer vom Stammlager Auschwitz I entfernt. Es war das größte deutsche Vernichtungslager in der Zeit des Nationalsozialismus. Hierher wurden insgesamt mehr als 1,3 Millionen Menschen aus ganz Europa deportiert. Davon wurden geschätzte 1,1 Millionen Menschen ermordet, eine Million davon Juden. Etwa 900.000 der Deportierten wurden direkt nach ihrer Ankunft in die Gaskammern geschickt oder erschossen. Weitere 200.000 Menschen starben durch Krankheit, Unterernährung, schwerste Misshandlungen, medizinische Versuche oder spätere Vergasung.

Schon bei der Ankunft ist man über die Größe des etwa fünf Quadratkilometer großen mit Stacheldraht - der seinerzeit unter Starkstrom stand - eingezäunten Geländes schockiert. Vom Turm der Hauptwache hat man einen guten Überblick über das Gelände und den Verlauf der Bahnschienen.

Vernichtungslager Auschwitz II - Birkenau
Auschwitz-Birkenau

Die meisten Opfer kamen in Auschwitz-Birkenau mit dem Zug an, oft nach tagelangen Reisen im Viehwaggon. Hier wurde zunächst eine "Selektion" durchgeführt, bei der die Schwachen, Alten und Kranken (rd. 75% alle Ankömmlinge) von den Arbeitsfähigen getrennt und zur Gaskammer geführt wurden. Die Häftlinge, die die Selektion überlebten, mussten dann in den an das Lager angrenzenden Industriebetrieben arbeiten, die hauptsächlich mit dem Bau von Industrieanlagen zur Herstellung von synthetischem Benzin oder Synthesekautschuk (sog. Buna) für die IG Farben beschäftigt waren. Auch andere deutsche Firmen wie Krupp hatten Werke in direkter Nähe zu Auschwitz; sie zahlten den NS-Stellen "Miete" für jeden überlassenen Arbeitssklaven, von dem auch die SS-Schutzmannschaften profitierten.

Zur Unterbringung der Zwangsarbeiter gab es auf dem Gelände ursprünglich über 300 Baracken, von denen heute nur noch 45 gemauerte und 22 Holzbaracken stehen. An der Stelle der zerstörten oder verbrannten Baracken stehen heute Umrisslinien und Kamine. Einige Baracken sind im Originalzustand zu besichtigen und geben einen kleinen Eindruck der menschenunwürdigen Lebensbedingungen wieder.

Auschwitz-Birkenau war als Arbeits- und Vernichtungslager zugleich konzipiert und besaß insgesamt sechs Gaskammern und vier Krematorien, von denen heute nur noch Ruinen zu sehen sind. Das letzte Krematorium sprengten die Nazis kurz vor der Befreiung des Lagers im Januar 1945, um die Spuren ihrer Taten vor den anrückenden Sowjets zu verbergen. Unter unvorstellbar grausamen Bedingungen wurden hier viele hunderttausende Häftlinge, die nicht sofort vergast worden waren, gefangen gehalten, gefoltert, durch Zwangsarbeit, Erfrieren, Verhungern lassen, unbehandelte Krankheiten, Erschöpfung, medizinische Experimente oder späteres Vergasen getötet.

Die so genannte Zentrale Sauna, war zugleich Aufnahmegebäude und die Desinfektions- und Entwesungsanlage. In diesem Gebäude lief die Aufnahmeprozedur der neu ins Lager angekommenen Häftlinge ab. Hier wurde ihnen ihre Identität abgenommen, Menschen wurden zu Nummern. Im so genannten Bereich "Kanada" wurden die bei Ankunft der Häftlinge konfiszierten Besitztümer mit deutscher Gründlichkeit sortiert und gesammelt, um dann an die deutsche Regierung weitergeleitet zu werden.

Neben Auschwitz I und II gab es noch das Arbeitslager Auschwitz III (Monowitz) sowie 39 Nebenlager, die auf einer Gesamtfläche von insgesamt 40 Quadratkilometern verteilt waren.

Der hier stattgefundene organisierte Völkermord ist schier unbegreiflich. Es ist unfassbar, dass es auch heute noch Verblendete gibt, die diese Geschichte leugnen. Mit einem beklemmenden Gefühl treten wir die lange Heimfahrt an. Insgesamt benötigt man für die Besichtigung von beiden Lagern etwa einen halben Tag. zurueck

Letzte Aktualisierung: Oktober 2006 - © Anke Schlingemann und Detlef Hälker