Engadin - Kanton Graubünden - Sils Baseglia

September 2007

In den letzten Jahren hatte Detlef bereits viel Gutes über das Engadin und die dortigen Wandermöglichkeiten gehört und daher schon seit längerem den Wunsch, das Gehörte zu überprüfen. Da der Schweizer Franken zuletzt etwas an Wert verloren hat, kann man sich auch einen Urlaub in der Schweiz wieder leisten. Im September war es dann soweit. Eine Woche verbrachte Detlef mit seiner Mutter im Oberengadin im Kanton Graubünden, genauer in Sils Baseglia im ****Romantikhotel Margna.


Sonntag, 09.09.2007 Sils Baseglia

Die Anreise von Stuttgart erfolgte über Bregenz, so dass man eigentlich auch für die 30 km lange Durchfahrt durch Österreich Maut zahlen muss. Das haben wir nicht gemacht und dabei Glück gehabt, weil direkt nach der Grenze die Polizei Kontrollen durchführte, aber das Fahrzeug vor uns herauswinkte. Weiter ging es dann in der Schweiz an Liechtenstein vorbei nach Chur und über den Julierpass Richtung St. Moritz, dem bekannten mondänen Hauptort des Engadin.

Unser Ziel Sils Baseglia liegt ca. 10 km südlich hiervon, wunderbar zwischen zwei Seen eingebettet auf rd. 1.800m Höhe. Nach Bezug unseres Zimmers, leider ohne schönen See- und Bergblick, obwohl wir uns für ein größeres Komfortzimmer entschieden hatten, starten wir einen kleinen Rundgang in die nähere Umgebung. Baseglia ist der alte Ortsteil von Sils, wozu auch noch der touristisch bekanntere Ortsteil Maria gehört. Es gibt hier einige schöne alte Häuser im typisch Engadiner Stil. Von der Verbindungsstraße zwischen den beiden Ortsteilen aus hat man einen wunderbaren Blick auf den Silser See, der im Gegenlicht schimmert, und die dahinter aufragenden Berge.

Sils Baseglia

Wir schlendern über die Wiesen zum See und genießen auf einer der zahlreichen Bänke das herrliche Bild. Anschließend geht es schon zum Abendessen ins Hotel. Kulinarisch werden wir mit einem ordentlichen 5-Gänge Menü verwöhnt, die Weinkarte lässt kaum Wünsche offen. Zu späterer Stunde wird Barmusik gespielt, ein Klavier begleitet einen Sängern, der eine akzeptable Stimme hat, leider jeden Abend dieselben Lieder singt, was ab dem dritten Abend etwas nervt.


Montag, 10.09.2007 La Panoramica - Soglio

Heute steht die erste Wanderung an. Und gleich verlassen wir das Engadin Richtung Süden und fahren nach Casaccia, ein kleiner Ort am oberen Ende des Val Bregaglia, der auf nur noch 1.458m Höhe liegt. Hier beginnt bei herrlichem Sonnenschein unsere Wanderung „La Panoramica“, die wir unserem Wanderführer (Wandern kompakt aus dem Bruckmann Verlag) als Wanderung der angenehmsten Art entnommen haben, d.h. ohne zu viele Steigungen.

Los geht es parallel zur Straße über Wiesen. Nach einer halben Stunde sieht man links oben hoch am Berg eine gewaltige Talsperre, die das Wasser des Albinga Sees staut. Es geht immer leicht abwärts das Tal hinunter mit immer neuen schönen Ausblicken. Nach 2,5 Stunden und zwischenzeitlichem leichten Anstiegen ereichen wir eine kleine improvisierte Einkehrmöglichkeit in Durbegia, wo wir uns etwas stärken. Wir liegen etwas hinter der angegeben Zeit, müssen uns auch erst noch richtig einlaufen.

Soglio

Weiter geht es über zum Teil uralte, steinige Wege quer durch Steilhänge Richtung Soglio. Wir befürchten, uns verlaufen zu haben, da wir glauben, in unseren Zielort müsse es doch noch deutlich bergab gehen, während wir immer weiter leicht ansteigen. Tatsächlich liegt der malerische Ort aber seitlich des Talgrundes etwas höher gelegen. Knapp 5 Stunden haben wir schließlich für die 15 km Wegstrecke benötigt, fast eine Stunde mehr als angegeben. Das wirkt sich dann auch nachteilig aus, denn wir wollen mit dem Bus zum Ausgangspunkt zurückfahren. Mit etwas Mühe erfahren wir dann auch die nächste Abfahrzeit, die uns zunächst noch eine Stunde Zeit lässt, durch den malerischen alten Ort zu schlendern und den wenigen Einheimischen etwa beim Schleifen einer Sense zuzuschauen. Als der Bus kommt stellen wir leider fest, dass er nur bis runter ins Tal fährt, nicht aber zurück nach Casaccia zu unserem Auto. Ein Taxi gibt es in Soglio nicht, also fahren wir runter nach Promontogno und lassen uns in einer Pizzeria die Telefonnummer eines privaten Taxis geben, denn wir wollen nicht noch 2 Stunden auf den Bus warten und dann auch noch das Abendessen im Hotel in Hektik verschlingen müssen. Nach 10 Minuten kam dann tatsächlich ein Wagen, der als Taxi fungierte und uns gegen schlappe 60 Franken zurück zum Auto brachte. So kamen wir etwas müde noch rechtzeitig zum Abendessen ins Hotel zurück.


Dienstag, 11. 09.2007 Müstair - Benediktinerinnen-Kloster St. Johann

Es ist am Morgen ziemlich windig und kühl, so dass wir beschließen, diesen Tag der Kultur zu widmen. Ziel ist das Münstertal und das UNESCO Weltkulturerbedort gelegene Benediktinerinnen-Kloster St. Johann. Die Anfahrt ist dann doch ziemlich lang über das Unterengadin (Zernetz), quer durch den wunderbaren Schweizerischen Nationalpark, in den wir bei anderer Gelegenheit unbedingt zurückkehren müssen, über den Ofenpass bis fast an die italienische Grenze nach Müstair.

Das am Ortsende gelegene Kloster ist ein recht kleiner, aber sehr beeindruckender Gebäudekomplex, der als einer der bedeutendste Kirchenbau der Schweiz gilt und den größten, in Europa erhaltenen Freskenzyklus aus dem 8. und 12. Jahrhundert birgt (Unesco Weltkulturerbe seit 1983).

Münstertal - Benediktinerinnen-Kloster St. Johann - Müstair

Zunächst besichtigen wir die dreischiffige Kirche, in der sich der berühmte karolingische Bilderzyklus befindet, der aus dem 8. Jh. stammt und nach zeitweiliger Übermalung inzwischen wieder freigelegt ist und relativ gut erhalten ist. Rotbraun ist die vorherrschende Farbe der rechteckigen Bildersequenzen, die die halbe Kirche einnehmen.

Freskenzyklus Müstair Benediktinerinnen-Kloster St. Johann

Wenn man sich vorstellt, wie vor mehr als 1.200 Jahren in dieser entlegenen Ecke der Alpen solche kunstvollen Malereien entstanden sind, dann nötigt einem das hohen Respekt ab. Wir besichtigen nun das Kloster, wobei wir auf eine persönliche Führung verzichten müssen, da wir in der Mittagszeit hier sind und nehmen statt dessen mit einem gut gemachten schriftlichen Führer Vorlieb. Eine gute Stunde verbringen wir mit dem Studium der Räumlichkeiten, der Baugeschichte und dem Klosterleben, wobei u.a. eine Knochenflöte unsere Aufmerksamkeit erregt.

Am frühen Nachmittag fahren wir zurück und genießen wieder den herrlichen Sonnenschein, der die tolle Landschaft des Nationalparks erstrahlen lässt: hier soll es viele Tiere geben, die man sonst in den Alpen nicht mehr findet. Die zahlreichen Wanderparkplätze entlang der Straße laden zu Streifzügen ein, die wir heute aber nicht unternehmen. Zurück im Hotel genießt Detlef den neu erbauten Wellnessbereich.


Mittwoch, 12.09.2007 Corvatsch

Nun wird es höchste Zeit, die Gipfel zu erklimmen und das tolle Wetter ganz oben auf den Bergen zu erleben. Um lange Autofahrten zu vermeiden, entscheiden wir uns dafür, dieBergbahn im Nachbarort Surlej zu nehmen. Dort geht es in zwei Etappen hoch zur Corvatsch Bergstation, auf 3.303m Höhe gelegen.

Gletscher Corvatsch

Der Ausblick auf die umliegenden Gletscher und Gipfel (Piz Murtel und Piz Corvatsch) ist Atem beraubend. Einige Wanderer sieht man über das Eis zum Gipfel stapfen. Wir fahren zurück zur Mittelstation, von wo aus wir die leichte Wanderung zur Berghütte Fuorcla Sulej beginnen. Dort angekommen setzen wir uns auf die Felsen, picknicken und schauen auf die schneebedeckten bis über 4.000m hohen Gipfel der Bernina-Gruppe sowie den Tschiervagletscher. Fantastisch! 45 Minuten wandern wir noch weiter bergab in Richtung der Coaz Hütte, aber nachdem wir den Blick auf den tief unter uns liegenden Gletschersee des Roseggletschers ergattert haben, beschließen wir umzukehren, um die letzte Talfahrt nicht zu verpassen. Alle Engadiner Bergbahnen kann man kostenlos benutzen, wenn man mindestens 2 Nächte in einem der dortigen Hotels verbringt, unabhängig von den Übernachtungspreisen der Unterkünfte, da man dort entsprechende Ausweise erhält.


Donnerstag, 13.09.2007 Wasserweg

Unverändert strahlt die Sonne, das bedeutet, auch heute müssen wir wieder hoch auf den Berg. Wir laufen durch Sils hindurch zur Talstation Furtschellas, von wo aus wir nach halbstündiger Wartezeit, weil uns eine Bahn vor der Nase weggefahren war, endlich wieder hoch in die Berge fahren nach Furtschellas La Chüdera auf eine Höhe von 2.312m.

Wasserweg

Entschieden habe wir uns, den ausgeschilderten Wasserweg zu wandern, der 6 kleinere Seen innerhalb von 2,5 Stunden miteinander verbindet. Die Höhendifferenz von 333m überwinden wir gleich zu Beginn. Es geht ziemlich steil bergan, bis wir als ersten See den Lejin Cristal erreichen. Die im Herbst recht karge Landschaft um die Seen herum, verbunden mit Blicken auf die Bergspitzen und teilweise nach unten ins Tal ist sehr reizvoll.

Wasserweg

Die insgesamt recht leichte Wanderung gefällt uns ausnehmend gut. Nach einer Stärkung auf der Panorama Terrasse der Bergstation wandern wir in etwa 1,5 Stunden Stunde bergab nach Sils Maria. Schön zu sehen, wie die Vegetation mit jedem Höhenmeter, den wir herabstiegen, zunahm.

Am heutigen Abend gibt es im Hotel ein deftiges Engadiner Buffet, von dem wir uns kurz entschlossen abmelden, um in Sils Maria statt dessen in einem wunderbaren kleinen Gourmet Restaurant namens Alpenrose (15 Gault Millau Punkte) zu speisen.

Freitag, 14.09.2007 Val Fex - Silser See

Heute wandern wir direkt vom Hotel aus los. Ziel ist das Val Fex. Durch den Wald geht es hoch auf eine Hochebene, die mehrere kleinere Orte umfasst, wo es nette kleinere Hotels gibt, in denen man sehr ruhigen Urlaub verleben kann. Sehr nett sieht von außen das Hotel Sonne in dem kleinen Ort Cresta aus.

Cresta

Daneben liegt eine kleine Kapelle, die tolle Wandgemälde in ihrer Apsis hat, mit denen man in dieser Bergidylle nicht rechnet.

Cresta

Wir wandern weiter bis zum Ende des Tals. Bevor wir einen Imbiss in der Berghütte Alp da Segl einnehmen wollen, beschließen wir, zum Fußdes Gletschers weiterzulaufen. Überraschenderweise gibt es dort auch eine kleine Einkehrmöglichkeit namens Muot Selvas, wovon wir gerne Gebrauch machen und bei herzhaftem Bergkäse den fantastischen Blick genießen. Das erinnert an die Gletscherregionen von Neuseeland.

Zurück geht es auf einem parallel führenden Weg das Tal hinunter, bevor wir in Cresta eine Abzweigung nach Isola nehmen, einer kleinen Bauernsiedlung direkt am Silser See gelegen. Dort genießen wir direkt am See Schweizer Wein, bevor wir entlang des Sees zurück nach Baseglia laufen. Eine wunderschöne, nicht allzu schwierige Wanderung geht damit zu Ende.


Samstag, 15.09.2007 Morteratsch - Diavolezza

Die Sonne verwöhnt uns noch immer und so müssen wir nochmals näher ran an Eis und Schnee. Wir fahren an Pontresina vorbei nach Morteratsch, um dort den Gletscherlehrpfad zu erkunden.

Gletscher Morteratsch

Der Lehrpfad führt zur Gletscherzunge des gleichnamigen Gletschers und auf zahlreichen Schautafeln erfährt man, wie stark über die letzten Jahrzehnte der Gletscher abgeschmolzen ist. Überraschend dabei, dass die Abschmelzungen den letzten beiden Jahrzehnten nicht unbedingt stärker waren als in den Jahrzehnten davor, aber insgesamt kann man die Klimaveränderung sehr deutlich verfolgen.

Der Ausblick auf den in der Sonne strahlenden Gletscher ist phänomenal, zumal an einem schönen Gletscherbach entlang wandert. Gut zwei Stunden lassen wir uns Zeit für die ausführliche Erkundung. Anschließend nehmen wir in Bernina die Bergbahn hoch zum Diavolezza.

Diavolezza Gletscher

Oben angekommen sitzen wir direkt vor der Eiswand des Gletschers und dem schneebedeckten Gipfel des Piz Palü. Wieder ein unvergesslicher Moment! Wir laufen noch etwas herum und fahren wieder herunter, bedauern, dass wir für angebotene mehrstündige Gletscherwanderungen nicht nur zu spät waren sondern wohl auch nicht die richtige Fitness mitbringen.

Auf dem Rückweg machen wir einen Stopp in St. Moritz, um uns dort mal die berühmten Hotels anzuschauen, wo im Winter die Prominenz absteigt. Uns gefällt der Ort nicht besonders. In paar schöne Gebäude, ein alter schiefer Campanile aus dem 12. Jahrhundert und zahlreiche Luxusboutiquen, die man überall auf der Welt auch findet, das war es dann auch schon. Für uns nicht der richtige Platz, um Urlaub zu machen, da es schon zu städtisch ist.


Sonntag, 16.09.2007 Silser See - Grevasalvas

Nun geht die Woche schon wieder zu Ende. Uns bleibt noch ein halber Tag für Aktivitäten, bevor es zurück geht. Wir beschließen, noch etwas den Silser See zu erwandern. An der nördlichen Seeseite wandern wir Richtung Maloja, dem Ort am Ende des Sees, der gleichzeitig das Ende des Engadins darstellt.

Dorf Grevasalvas - Heidi

Auf halber Strecke liegt das kleine Dorf Grevasalvas, das bekannt wurde durch den Film „Heidi“. Auf das Dorf zukommend fühlt man sich Jahrhunderte zurückversetzt, so ursprünglich sieht die Ansammlung der wenigen Häuser noch heute aus. Die Autos der heutigen Bewohner sieht man erst von der anderen Seite. Nun zieht es sich langsam zu und bei kühlerer Witterung steigen wir ab nach Maloja. Auch hier haben wir etwas länger gebraucht als die Schilder angekündigt haben, so dass wir nun den Bus nehmen, um nach Baseglia zurückzufahren, statt die Seeumrundung per Pedes zu vollenden.

Das war dann auch das Ende des Urlaubs und es ging zurück nach Stuttgart. Dabei machten wir noch den Fehler, nicht die Autobahn über die österreichisch-deutsche Grenze zu nehmen, sondern entlang des Bodensees durch Bregenz zu fahren, was einen Mehraufwand von einer Stunde bedeutete, da die Uferstraße völlig verstopft war, u.a. durch deutsche Tanktouristen. Die Woche war auch aufgrund des vielen Sonnenscheins herrlich. Wir wollen unbedingt zurückkehren, dann vielleicht mal im Frühling, um mehr von den Alpenblumen zu Gesicht zu bekommen.

Letzte Aktualisierung: November 2007 - © Detlef Hälker