Prag - Pilsen
Freitag, 23.06.2017 Pilsen - Prag
Von Stuttgart aus fahren wir mit dem Auto die etwa 500 Kilometer bis nach Prag. Mittags legen wir einen Zwischenstopp in Pilsen ein.
Renaissance-Rathaus
Pilsen ist mit 168.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Tschechiens und ist bekannt vor allem wegen des Pilsner Biers und der hier ansässigen Škoda-Werke. Bei deftigem tschechischen Essen und einem kleinen Glas Pilsener Urquell (schließlich hat hier die Pils-Braukunst begonnen) stärken wir uns.
Anschließend drehen wir noch eine kleine Runde durch die Altstadt und sind begeistert von den vielen gut erhaltenen und restaurierten Gebäudefassaden, die den Platz rund um die Kathedrale zieren.
St. Bartholomäus ist eine hochgotische dreischiffige Hallenkirche. Mit dem Bau wurde nach der Stadtgründung um 1295 begonnen. Der Turm gehört mit 103 Metern zu den höchsten Kirchtürmen Europas und ist der höchste in Tschechien.>
Nach einem weiteren Stop am Prager Flughafen (ca. 20 km außerhalb), um unsere Reisegruppe zu vervollständigen, fahren wir nun in die Hauptstadt.
Prag ist in den beiden Weltkriegen von Bomben verschont geblieben und hat in den letzten Jahren seine architektonische Pracht herausgeputzt. Die Vielfalt ist einzigartig. Ob Romanik, Gotik, Barock, Renaissance, Rokoko, Klassizismus, Jugendstil oder Kubismus - alle Stilrichtungen zeigen hier wunderschöne Beispiele. Bereits 1992 wurde die Altstadt von der UNESCO in die Weltkulturerbeliste aufgenommen.
So wundert es nicht, das die Moldau-Metropole jährlich etwa 3,6 Mio. Besucher anzieht. Etwa 1,3 Mio. Einwohner und damit etwa 14 Prozent der 10,5 Mio. zählenden Gesamtbevölkerung Tschechiens leben in der äußerst lebenswerten Stadt.
Für drei Nächte haben wir uns im ****Hotel Antik (vergleichbar mit *** Sternen nach deutschem Standard), das ganz in der Nähe des Altstädter Rings (Dlouha 22) liegt, eingemietet.
Abends speisen wir im Restaurant Kalina (Dlouha 8), das eine sehr gute moderne Küche bietet. Anschließend beobachten wir noch etwas das bunte Treiben rund um den Altstädter Ring.
Samstag, 24.06.2017
Im ehemaligen Judenviertel Josefstadt beginnen wir mit der Erkundung der Stadt. Dies entpuppt sich am heutigen Sabbat als Fehlentscheidung, da sämtliche Synagogen geschlossen sind und selbst der jüdische Friedhof ist nicht zugänglich. Dafür können wir etwas auf des Spuren von Franz Kafka, einem Sohn der Stadt, wandern. Neben der Spanischen Synagoge steht ein Kafka-Denkmal und auch am Geburtshaus kommen wir entlang.
Auch die wunderschön restaurierten Häuserfassaden, die insbesondere den Jugendstil von seiner besten Seite zeigen, sind beeindruckend. Ganze Straßenzügen erstrahlen in dieser Pracht.
Dem Sankt-Agnes-Kloster widmen wir nur einen kurzen Besuch. Die Gebäude der großzügigen Anlage sind eher spartanisch ausgestattet. Für eine Besichtigung der Ausstellung (Ausstellungsstücke aus der Nationalgalerie) ist uns das Wetter zu schön. Immerhin können wir ein paar Werke von Gerhard Richter bewundern.
Besonders gut gefällt uns das Waldstein Palais, in dem der Senat tagt. Eine wunderschön angelegte Gartenanlage mit zahlreichen Brunnen, künstlichen Grottenwänden und Skulpturen umgibt das riesige Palais, dass sich um fünf Höfe erstreckt.
Am Wochenende sind auch einige Räume zu besichtigen. Der über zwei Etagen reichende 10,5m hohe Festsaal hat eine reich verzierte Gewölbedecke mit einem Fresko, auf dem sich der Hausherr als Kriegsgott Mars im Kriegswagen verewigen liess. Schillers Wallenstein spielt auf selbigen an. Ausgefallen ist die ornamentierte Ziegenledertapete im Ritterzimmer und besonders schön das Audienzzimmer.
Ganz in der Nähe liegt die Sankt Nikolaus-Kirche, die zu den prachtvollsten Barockbauten Europas zählt. So zieren viele Putten und Statuen die Wände. Das große Deckengemälde entzieht sich leider unserem Blick, da es aktuell restauriert wird und entsprechend eingerüstet ist.
Wir empfehlen den Aufstieg auf den Glockenturm, der Blick über die Dächer von Prag, die Moldau und die Burganlage ist bei schönem Wetter fantastisch. Der Turm war bis 2012 bewohnt. Die spartanisch eingerichteten Zimmer sind zu besichtigen. Seit den 60er Jahren des 20. Jahrhundert wurde dieser als Beobachtungsturm der Staatssicherheit genutzt, mit dem Ziel, die in der Umgebung des Turms gelegenen westlichen Botschaften zu überwachen.
In der Ferne erhebt sich die etwa 60 m hohe Eiffelturm-Kopie, die mit einer Standseilbahn erreichbar ist und ebenfalls eine tolle Aussicht bieten soll.
Nachmittags machen wir eine Bootsfahrt auf der Moldau, die vom Wasser aus noch einmal einen anderen Blick auf die Stadt bietet und auch ein wenig Ruhe vor den inzwischen angekommenen Touristenströmen bietet.
Auf der bekannten Karlsbrücke herrscht buntes Treiben. Viele Maler und sonstige Kunsthandwerker bieten ihre (Karikatur-) Dienste an oder stellen ihre Werke aus. Die barocken Figuren auf der 500m langen und 10m breiten Brücke sind nur vereinzelt in restauriertem Zustand zu sehen. Flankiert wird die Brücke auf jeder Seite von einem Brückenturm.
Die Touristenmassen schieben sich am Nachmittag auch durch die Altstadt und tummeln sich am Altstädter Ring. Am Altstädter Rathaus bewundern wir noch die astronomische Uhr. Zur vollen Stunde dreht der als Skelett symbolisierte Tod das Stundenglas herum.
Abends speisen wir im Restaurant Kolkovna, das traditionelle tschechische Küche bietet. Das Essen ist erwartungsgemäß sehr deftig und die Portionen eher etwas für Holzfäller. Qualitativ sind die Gerichte aber schmackhaft und gut.
Sonntag, 25.06.2017
Als erstes holen wir heute die Besichtigung der Spanischen Synagoge nach.
Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert erbaute Synagoge trägt ihren Namen aufgrund ihrer pseudomaurischen Stilelemente. Die goldgeprägte Ausstattung mit einer Kuppel und zwei Galerien ist mit kunstvollen Verzierungen und Mosaiken reich dekoriert. Eine Ausstellung informiert über das Leben der Juden in Böhmen sowie über Theresienstadt.
Weiter geht es zum Alten Jüdischen Friedhof, der in der ersten Hälfte des 15. Jahrhundert angelegt wurde. Die letzte Beisetzung fand im Jahr 1787 statt. Die heute noch zu sehenden angabegemäß 12.000 Grabsteine verbreiten einen morbiden Charme und stehen zum Teil krumm und schief.
Die letzte Ruhe haben hier jedoch weit mehr gefunden. Nach jüdischem Religionsgesetz (Halacha) ist eine Umbettung oder Neubelegung, wie man dies von christlichen Friedhöfen kennt, undenkbar. Die Gräber sind für die Ewigkeit angelegt. So wurden neue Grabstätten durch die Aufhäufung von Erdreich geschaffen. Dabei wurden die alten Grabsteine angehoben und gruppieren sich dicht um die neuen.
Mit dem Taxi lassen wir uns anschließend auf den Burgberg fahren. Bevor wir die Burganlage betreten werfen wir noch einen Blick auf die schöne Renaissance-Fassade des Schwarzenberg Palais.
Vom Hradschiner Platz betreten wir durch ein Gittertor den ersten Ehrenhof, in dem auch die Burgwache steht. Nach einem Security-Check können wir im zweiten Ehrenhof die Eintrittskarten kaufen. Durch einen schmalen Gang erreichen wir schließlich den dritten Ehrenhof und stehen direkt vor der (restaurierungsbedürftigen) Fassade des St. Veits-Dom.
Die schweren Bronzetüren am Westportal stellen Szenen aus dem Leben Christis dar. Darüber zieren schöne Reliefs den Torbogen.
Da der Dom am heutigen Sonntag erst ab 13 h zugänglich ist, besichtigen wir zunächst den Königspalast. Bemerkenswert ist insbesondere der Vladislavsaal. Mit 62m Länge, 16m Breite und 13m Höhe wurde dieser nicht nur für Krönungsfeierlichkeiten genutzt, hier fanden auch Reitturniere statt.
Ritter kamen zu Pferd über eine Reitertreppe im Nordflügel in den Saal. Im Ludwigsflügel war die Böhmische Kanzlei eingerichtet. Landtafeln zieren die Gewölbedecke. Hier fand der zweite Prager Fenstersturz statt.
Die romanische St. Georges-Basilika wurde bereits 925 eingeweiht und erhielt im 17. Jahrhundert ihre Barockfassade. Von den einstigen farbenfrohen Fresken ist kaum noch etwas zu erkennen.
Auch wenn heute Schlange stehen angesagt ist werden wir im Inneren des Sankt Veit Dom für die Wartezeit entschädigt. Über 30 Krönungszeremonien wurden hier durchgeführt. Von den 20 Seitenkapellen ist die Kapelle des Heiligen Wenzel die prunkvollste.
Durch das Goldene Gässchen verlassen wir die Burganlage. Neben Ausstellungen zum ehemaligen Burgleben werden in den kleinen Bürgerhäusern vor allem Souvenirs angeboten. Mit der Besichtigung sind wir entsprechend schnell fertig.
Erneut nehmen wir uns ein Taxi, um in die Neustadt zu fahren. Beim Bezahlen müssen wir allerdings feststellen, dass uns der Taxifahrer abzocken wollte. Den Taxameter hat er im Handbetrieb hochgedreht. Den utopischen Preis akzeptieren wir jedoch nicht, lassen uns seine Lizenz zeigen und drohen mit der Polizei. Nach etwas hin und her zahlen wir einen u. E. fairen Preis und lassen den wütenden Fahrer hupend weiterfahren.
Der Wenzelsplatz wurde von der Times zum hässlichsten Platz Europas gekürt. Wir haben dem nichts hinzuzufügen. Das Reiterstandbild des hl. Wenzel geht vor dem verhüllten Gebäude des Nationalmuseums fast unter. Schön sind allerdings auch hier einige Jugendstil-Fassaden wie beispielsweise die des Grand Hotels Europa.
Über eine Seitengasse erreichen wir die Lucerna-Passage, die in Prag angeblich zu den schönsten Einkaufspassagen gehört. So ganz können wir das nicht nachvollziehen. Ein Blick verdient allerdings die ungewöhnliche Wenzel-Skulptur des Popkünstlers David Cerny. Immerhin handelt es sich um den ersten Stahlbetonbau Prags, entworfen von Václav-Havels Großvater in den 20er Jahren.
Weiter geht es zum Neustädter Rathaus, das Schauplatz des ersten Prager Fenstersturzes war.
Eher zufällig kommen wir zur Sankt-Kyrill-und-Method-Kirche, dem heutigen Zentrum der tschechisch-orthodoxen Gemeinde. In der Krypta befindet sich eine Gedenkstätte für die Opfer des nationalen Widerstand während der deutschen Okkupation. Die Attentäter eines Anschlags im Mai 1942 suchten hier Zuflucht und fielen durch Verrat einer Stürmung durch die SS zum Opfer.
Etwas weiter erreichen wir das sogenannte Tanzende Haus des Stararchitekten Frank O. Gehry. Ein schöner Kontrast zum angrenzenden Jugendstilgebäude.
Die traditionsreiche Brauerei U Fleku gibt es bereits seit 1499. Das bitter-süße Dunkle, wohl eines der süffigsten Biere Prags, sollte man einmal probiert haben. Bäume bieten im Biergarten den nötigen Schatten und wenn nicht gerade Busladungen ausgekippt werden, findet man durchaus etwas Ruhe (wenn man die Musiker nicht als lärmend empfindet).
Zum Abschluss unserer heutigen Besichtigungstour suchen wir noch eine weiteres Werk des Popkünstlers David Cerny auf. Der rotierender Kafka stellt das Ebenbild des Schriftstellers als meterhohe Büste aus Spiegelglas dar. Einzigartig!
Nach einem kurzen Frischmach-Stopp essen wir im Restaurant V Zátiší. Eine gute Entscheidung. Die internationale Küche ist indisch angehaucht und bietet tolle Kreationen.
Montag, 26.06.2017
Mit dem Auto fahren wir zur Burg Wyschehrad. Die Anlage befindet sich auf einem Felsen hoch über der Moldau. Die Zwillingstürme der Peter-und-Paul-Kirche sind schon von Weitem sichtbar. Eine dicke Festungsmauer umgibt die Anlage und bietet von diversen Aussichtspunkten einen schönen Blick auf die Stadt. Besonders sehenswert ist der Ehrenfriedhof mit zum Teil prachtvoll verzierten Gräbern. Von der Creme de la Creme der tschechischen Kunstszene, die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden hat, sind uns lediglich Bedrich Smetana und Antonin Dvorak bekannt.
Der Kirchenbau reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück und vereint die unterschiedlichsten Stilrichtungen. Die rund 230qm große Basilika erscheint mit ihrem in unterschiedlichsten Stilrichtungen bunt bemaltem Innenraum fast schon etwas überladen.
Damit verlassen wir Prags Zentrum.
Im Nobelvorort in Prags Südosten liegt der Pruhonitzer Park, ebenfalls eine UNESCO Weltkulturerbe-Stätte. Besonders schön ist das Renaissance-Schloss, das sich oberhalb des Sees erhebt. Von einigen Wege bieten sich entsprechende Sichtachsen. Insgesamt bietet der Park ein 40 Kilometer langes Wegenetz und einen hohen Erholungswert.
Fazit
Die architektonische Vielfalt (im Reiseführer als riesiges Freilichtmuseum bezeichnet), die vielen gut erhaltenen Kunstschätze, das Flair und auch das kulinarische Angebot haben uns begeistert. Die Stadt lädt zum Verweilen ein - auf jeden Fall hoffen wir auf ein Wiedersehen.